Antike und moderne Demokratie

Klaus Stüwe / Gregor Weber: Antike und moderne Demokratie Ausgewählte Texte

Griechenland hat die Demokratie, die Herrschaft des Volkes erfunden. Sie wurde shcon im 5. und 4. Jahrhundert vor Christus in Athen praktiziert. Der Geschichtswissenschaftler mag genausowenig wie der Politikwissenschaftler eine direkte Verbindung zwischen antiker und moderner Demokratie sehen. Die politischen Strukturen und Prozesse unterscheiden sich doch zu deulich. Das vorliegende Buch möchte aber in acht Kapiteln und rund 100 „jeweils präzise kommentierten Texten“ (so berichtet es die Inhaltsangabe) beschreiben, wie die zentralen Gemeinsamkeiten zwischen beiden Demokratiemodellen aussehen.

Aristoteles, Charles de Montesquieu, Edmund Burke, Jean-Jacques Rousseau, Euripides, John Locke, Niccolo Macchiavelli, Karl Popper, Abraham Lincoln und Immanuel Kant – viele bekannte und unbekannte Staatstheoretiker aus den unterschiedlichsten Epochen sind hier vertreten.

Eine Besprechung

In genau 96 Einheiten äußern sich viele unterschiedliche Autoren zu Themen wie der Sicherung der Demokratie, Freiheit und Gleichheit, Repräsentation, Ämter und Institutinen, der Stellung des Bürgers und die politische Führung. Natürlich kommen zumindest die bekannteren unter den Autoren mit mehreren Texten vor. Die verschiedenen Kapitel können unterschiedlich lang sein.

Die Vorgehensweise ist aber bei jedem Kapitel dieselbe. Nach einer kurzen Biographie und Einführung in die Gedankenwelt des jeweiligen Denkers folgt dann der eigentliche demokratietheoretische Text.

Ich bin mir nicht sicher: Wie geschickt ist dieses Vorgehen? Da die Zusammenhänge nur unzureichend erklärt werden, setzt es enorme Kenntnisse der Geschichte und Politik voraus. Wer diese nicht mitbringt, ist schnell hoffungslos überfordert.

Diese extreme fachliche Orientierung korrespondiert mit einem Mangel bei der Seitengestaltung. Wo hört die Einführung auf? Wo beginnt die literarische Quelle? Auch für den genauen Leser ist dies nicht immer auseinanderzuhalten. Sprachlich wie optisch fehlt hier die Trennung, die für das Verständnis wichtig gewesen wäre.

Bei aller Orientierung am Wort gehöre ich persönlich zu den Lesern, die optische Auflockerungen mögen. Warum gibt es in dem Band 18314 der „Universal-Bibliothek“ des renommierten baden-württembergischen Verlages beispielsweise kein Foto, das das Antlitz der Denker zeigt? Zumindest bei den neuzeitlichen Denkern wäre dies problemlos möglich gewesen.

Unterschiedliche Länder haben in unseren Tagen unterschiedliche Demokratiemodelle umgesetzt. In der Schweiz gibt es die direkte Demokratie mit vielen Volksabstimmungen. In den USA wird der Präsident mittels direkter Demokratie und Wahlmännern bestimmt, bei uns in Deutschland gibt es dagegen keine Direktwahl des Bundespräsidenten. In unserem deutschen System wird der Bundeskanzler vom Parlament und der Bundespräsident von der Bundesversammlung bestimmt. Liest man das Buch, wird auf diese unterschiedlichen Demokratiemodelle überhaupt nicht eingegangen. Das Buch vermittelt also nur politikwissenschaftliche Denkmodelle.

Das Fazit

Ein Fazit fällt mir bei diesem Buch besonders leicht. Das Thema Demokratie ist auch und gerade in unserer heutigen Zeit brennend aktuell. Das vorliegende Werk weist aber einige konzeptuelle und gestalterische Mängel (s. o.) auf, die bei einer Neuauflage behoben werden könnten.

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