Das Wochenende

Das Wochenende von Bernhard Schlink

Inhalt
Ein ehemaliger linksradikaler Terrorist wird nach 20 Jahren Haft vom Bundespräsidenten begnadigt. Die Schwester des ehemaligen Terroristen plant für das erste Wochenende in Freiheit ein großes „Wiedersehens-Treffen“ mit alten Freunden und Weggefährten. Während das Leben von Jörg, dem einst in linken Kreisen respektierten „Revolutionär“ mit der Verurteilung stehengeblieben ist, ist das Leben der alten Bekannten inzwischen weitergegangen. Das gemeinsame Wochenende auf dem Land entwickelt sich schließlich zur „Erinnerungsfeier“ – niemand kann die Ereignisse von damals einfach vergessen und ohne weiteres zum aktuellen Tagesgeschehen übergehen.

Ein wichtiger und kluger Roman zur Ära des „Deutschen Herbstes“
Der Autor Bernhard Schlink machte sich mit zahlreichen Kriminalromanen international einen Namen. Sein Roman „Der Vorleser“ wurde mit David Kross und Kate Winslet in den Hauptrollen verfilmt und avancierte zum Welterfolg. Die Zeit des Nationalsozialismus und die Ära des linken Terrors im Deutschland der 70er Jahre sind dabei immer wieder Themen, die Schlink in seinen Romanen aufgreift.

In „Das Wochenende“ wirft Schlink die Frage auf, was nach Jahrzehnten noch vom Terror und von einstigen politischen Idealen übrig geblieben ist. Schlink erfindet die Figur des „Jörg“, um die sich in „Das Wochenende“ zwar letztlich alles dreht, dennoch ist der ehemalige Terrorist nicht die Hauptperson des Romans. Er bildet lediglich den Ausgangspunkt der Handlung, alle Protagonisten in „Das Wochenende“ agieren in gewisser Weise als „gleichberechtigte Nebencharaktere“. Diese ungewöhnliche Art der Erzählung sorgt dafür, dass der Leser immer wieder mit seinen eigenen Erwartungen konfrontiert wird, und förmlich dazu gedrängt wird, mehr „zwischen den Zeilen“ zu lesen, und die Äußerungen, die Beschreibungen, Denkmuster und Auffassungen der einzelnen Protagonisten selbst zu reflektieren.

Der Verlauf der Handlung in „Das Wochenende“ erfordert gleichermaßen eine Auseinandersetzung mit politischen Vorstellungen und Idealen als auch eine Beschäftigung mit moralischen Ideen und Dogmen. Schlink wirft Fragen auf, die zunächst banal erscheinen, die jedoch bei genauerer Betrachtung ihren äußerst tiefgründigen Kern offenbaren. Rechtfertigt ein „hehres Ziel“ den Einsatz von Gewalt? Darf die Umsetzung einer Ideologie Opfer fordern? Und was bleibt letztlich übrig von Zielen, die nie erreicht wurden?

Fazit
„Das Wochenende“ erzählt in klaren, schlichten und klugen Sätzen eine Geschichte, die im Hinblick auf die Bewältigung der Ära des linken Terrors der 70er Jahre mehr leistet als manches umfangreiche Sachbuch. Das Setting in „Das Wochenende“ ist dabei recht minimalistisch gehalten, die einzelnen Figuren sind von der Umwelt isoliert und müssen sich ganz auf sich selbst und ihre Mitmenschen konzentrieren.

Auch wenn der Roman dann bereits nach etwas mehr als 200 Seiten sein Ende findet, hat der Leser das Gefühl, durch die Lektüre einiges gelernt zu haben, und die Kürze des Romans ist dabei weniger „Manko“ als vielmehr bewusst gewähltes Stilmittel. Schlink beschränkt sich auf das Wesentliche, und die entscheidenden Dinge brechen sich letztlich nicht im Roman selbst, sondern vielmehr in der Reflexion des Lesers Bahn. Ein empfehlenswerter, fesselnder Roman, der zur Bewältigung der jüngsten Vergangenheit beiträgt.

Schreibe einen Kommentar