Ein Sommer aus Stahl

„Ein Sommer aus Stahl“ von Silvia Avallone

„Die Brünette und die Blonde. Sie beide, immer und nur sie beide.“ Im Sommer vergeht kein Tag, an dem sie sich nicht sehen. Anna und Francesca. Die dreizehnjährigen Mädchen sind beste Freundinnen und haben einen gemeinsamen Traum: Elba. Wenn man von Piombino, einer kleinen Hafenstadt in der italienischen Provinz Livorno, über das Meer blickt, kann man sie klar und deutlich erkennen, die Insel auf der die Reichen und Schönen leben. Die Menschen, die es geschafft haben, die in ihrem Leben etwas erreicht haben und nicht mehr Tag für Tag in alten Fabriken schuften müssen. Anna und Francesca sind die Hauptfiguren in Silvia Avallones Roman „Ein Sommer aus Stahl“. Ihr Zuhause ist ein bröckeliges Hochhaus in der Via Stalingrado – dem Arbeiterviertel von Piombino.

Das Stahlwerk der schwerreichen Lucchini-Familie bestimmt das Stadtbild und wer nicht gerade dort Schicht schieben muss oder arbeitslos ist, verbringt seine freie Zeit in der heruntergekommenen Bar oder am Strand, wo Anna und Francesca im Sommer halbnackt auf und ab laufen und die Männer erregen. Jeden Tag im Sommer spielen sie dieses Spiel dort und genießen die gierigen Blicke auf ihren Körpern. Außerdem ist der Strand der beste Ort, um von zu Hause zu flüchten, wo meistens Chaos herrscht. Annas Vater ist spielsüchtig und oft für mehrere Wochen verschwunden,  Francescas Vater ein brutaler Schläger, der seine Tochter krankhaft kontrolliert. „Zwei Arschlöcher, die nichts als Scheiße bauen und echte Nullen sind.“

Manchmal, wenn der Himmel besonders klar ist und Elba näher als an den anderen Tagen zu sein scheint, springen die Freundinnen ins Meer und versuchen auf die Insel zu schwimmen. Irgendwann werden sie zusammen dort ankommen und dann nie mehr in die Via Stalingrado zurückkehren, da sind sie sich sicher. Doch diesen Sommer wird sich alles verändern. Denn da sind die vielen Männer, zu denen sich, vor allem Anna, immer stärker hingezogen fühlt. Francesca wird klar, dass sie ihre beste und einzige Freundin bald mit einem Mann teilen muss. Durch die Liebe wird die Freundschaft der beiden so auf eine harte Probe gestellt.

Fazit

In ihrem bewegenden Erstlingsroman erzählt Silvia Avallone die Geschichte ihrer Provinz und eines Italiens, wie man es so nicht kennt. Ein Italien, in dem Gewalt und Drogen den Alltag bestimmen und die Perspektivlosigkeit in den Arbeitervierteln rund um das Stahlwerk Lucchini die Menschen kaputt macht. Durch ihre gekonnten Perspektivwechsel taucht der Leser tief in die Ansichten der verschiedenen Charaktere ein und kann so die Geschichte aus den verschiedensten Blickwinkeln verfolgen.  Avallone nimmt kein Blatt vor den Mund. Mit einem teilweise sehr harten und individuellen Schreibstil trifft sie vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Trotzdem ist ihr mit „Ein Sommer aus Stahl“ nicht nur ein packender und tragischer Roman über eine wunderbare Freundschaft gelungen, nein, sie erzählt in diesem Buch auch die Geschichten all der Menschen, denen sonst keinerlei Beachtung geschenkt wird. Der Menschen die überall auf dieser Welt leben und sterben, ohne jemals wahrgenommen worden zu sein.

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