Ein ungezähmtes Leben

Ein ungezähmtes Leben von Jeannette Walls

Inhalt
In „Ein ungezähmtes Leben“ erzählt die mit dem Bestseller „Schloss aus Glas“ bekannt gewordene Autorin Jeannette Walls die (Lebens-)Geschichte ihrer Großmutter Lily. Der Leser bekommt es laut Klappentext des biographischen Romans somit mit der Geschichte einer „starken, eigensinnigen Frau“ zu tun, die sich im damals noch Wilden Westen der USA, genauer gesagt in Arizona als Ehefrau, Mutter und „wilde Dame“ bewährt und ihre Familie durchgebracht hat.

Jeannette Walls schreibt dabei aus der Ich-Perspektive ihrer Großmutter Lily und lässt somit nicht nur die außergewöhnliche Geschichte einer Rancherfrau Revue passieren, sondern sie fängt mit „Ein ungezähmtes Leben“ auch ein Stück weit das Lebensgefühl der Menschen im tiefen Westen der USA während des Übergangs vom 19. zum 20. Jahrhundert ein.

Ein wirklich außergewöhnlicher Roman, der auf europäische Leser allerdings mitunter etwas befremdlich wirkt und leider auch einige Schwächen aufweist

Mit ihrem Roman „Schloss aus Glas“ hat sich Jeannette Walls schnell in der Welt der Literatur etablieren können, und ihr zweiter Roman knüpft in gewisser Weise an „Schloss aus Glas“ an. So arbeitet die Autorin auch in „Ein ungezähmtes Leben“ weiter die Geschichte ihrer Familie auf, darüber hinaus lässt sich über „Ein ungezähmtes Leben“ genau wie auch schon über „Schloss aus Glas“ sagen, dass das Buch ein Roman über unangepasste Persönlichkeiten im Amerika des 20. Jahrhunderts ist. Allerdings konzentriert sich Walls nicht so sehr darauf, die Macken der teilweise doch schon etwas schräg wirkenden Protagonisten herauszustreichen, sondern sie erzählt mit einer Selbstverständlichkeit, die den Leser leicht in das Geschehen eintauchen lässt die Geschichte von Lily und ihrer Familie, auch wenn der Leser die Gefühle und Handlungen der Protagonisten dabei sicher nicht immer nachvollziehen kann.

Aber obgleich Walls es versteht, sehr authentisch und lebensecht zu erzählen und zu beschreiben, mag es dem einen oder anderen Leser schwerfallen, sich wirklich in die Protagonisten hineinzuversetzen. Es lässt sich hierfür noch nicht einmal ein genauer und eindeutiger Grund bestimmen, vielmehr sorgen einige inhaltliche Feinheiten dafür, dass der Leser nicht recht mit den Figuren warm wird. Natürlich lässt sich dies nicht unbedingt pauschalisieren, aber beispielsweise enthält der Roman einige seitenlange Passagen über das Reiten und über Pferde im Allgemeinen, und wer hiermit nicht viel anfangen kann, hat mit dem Handlungsverlauf durchaus seine Mühen. Allerdings entschädigen die Passagen, die auf amüsante Art und Weise das Leben im „Wilden Westen“ charakterisieren (und manchmal auch karikieren) dann doch wieder für diese kleinen Schwächen und diese Passagen sind es letztlich auch, die dafür sorgen, dass man den Roman dann doch nicht so schnell wieder aus der Hand legt.

Ein Schwachpunkt, der jedoch leider (zu) häufig ins Auge fällt, ist die fehlende Reflexion der Ereignisse und der einzelnen Handlungen der Personen, so wird etwa die Tatsache, dass die Protagonistin in ihrem zeitweise ausgeübten Beruf als Lehrerin eine Lehrerin war, der gerne mal die Hand „ausgerutscht“ ist nicht nur beschönigt, sondern zwischen den Zeilen wird dieser Aspekt einfach nur als „lustig“ und „nötig“ und keineswegs als verachtenswert dargestellt.

Fazit
„Ein ungezähmtes Leben“ ist ein außergewöhnlicher Roman, der vor allem Lesern mit einem Faible für die Geschichte der USA oder einer Leidenschaft für Pferde gefallen wird. Durchschnittliche deutsche bzw. europäische Leser werden mit diesem Roman allerdings zeitweise ihre Mühe haben. Insgesamt also wahrlich kein schlechter Roman, aber (leider) auch nicht uneingeschränkt empfehlenswert.

2 Gedanken zu „Ein ungezähmtes Leben“

  1. Ich habe das Buch selbst gelesen!
    Finde ich sehr spannend und interesnat.
    Außerdem bin ich nicht so ein Typ, won Biografien. Doch als ich dieses Buch anfing zu lesen.
    Wurde ich gewesselt. Von der einen Seiten. Wie es früher war, von der anderne, wie sich diese Frau durchgeschlagen hat!
    Doch wie schon geschrieben wurde, es wirkte auch auf mich ab und an etwas befremdlich, ungewöhnlich.
    Meine Bewertung: 2+ !

  2. Ich kann der Rezension hier nicht ganz zustimmen. Mich hat das Buch seit langem mal wieder sehr gut unterhalten und von Anfang an gefangen.

    Natürlich wurde es in einer leichten erzählweise geschrieben, aber das darf ein Roman auch ruhig mal sein. Und ich konnte mich wunderbar auf Lily einlassen und über sie staunen, lachen und mit ihr bangen. Erfrischend modern und aufgeschlossen und Ihre Zeit meilen voraus. Ich hätte Lily nur zu gern kennengelernt, vielleicht als strenge Lehrerin, unermüdlich kraft strotzende Rangerin, weise Mutter, furchtlose Reiterin, tollkühne Fliegerin und abenteuerliche Taxifahrerin…eben Schieben und Beten.

    Jeannette Walls hat Ihrer Großmutter ein sehr liebevolles Andenken erstellt.
    Meine Bewertung: 1-2

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