Einfach komplex

Das hat es lange nicht gegeben. Ein komplexes Spiel mit hohem strategischem Faktor, das mit einfachen Regeln und einem minimalen Aufwand daherkommt. Kein Deckbuilding, keine Extrakarten, keine Extrachips, keine Besonderheiten. Stattdessen: ein solides Spielbrett, handliche Spielchips und los geht es. So in etwa muss das seinerzeit den Erfindern von Klassikern wie Dame oder Mühle gegangen sein. Nun, ganz so einfach wie die beiden Heroen des Spielmarktes ist es nicht, aber dennoch eine wunderbare und zudem auch wunderschöne Alternative auf dem Zweispielersektor.

Worum geht es: Man befindet sich im Japan des ausgehenden Mittelalters, die Spieler firmieren als Shogune und versuchen mit Hilfe der Spielchips (also der Personen) und ihrer Funktionen an Macht zu gewinnen, genauer gesagt Punkte zu ergattern, mit denen man am Ende des Spieles als Sieger dasteht. Der Extrakniff besteht darin, dass man jederzeit im Blick hat, welche Personen auf den gemeinsame Stapeln in der Mitte liegen und wie viele davon auf das Spielfeld des Gegners und dem eigenen gelandet sind. Es ist also offenes Taktieren und bisweilen hochkomplexes Berechnen angesagt. Die fünf Personen, die eingesetzt und abgelegt werden können, sind ein Damyio, ein Ronin, eine Geisha, ein Ninja und ein Samurai. Diese haben verschieden Eigenschaften, mit denen man die Chips versetzen kann, sogar die des Gegners (Ninja). Das alles hört sich einfach an und ist es vom Ablauf her auch: freien Chip vom Stapel nehmen, aufs eigene Tableau legen, Personenchips für zusätzliche Aktionen (siehe oben) aktivieren und schließlich Wertung vornehmen (zwei kleine Spielchips wandern am Rand des Brettes die Zahlenskala entlang, so dass man jederzeit den Punktestand im Blick haben kann.).

Das Verschieben von Chips, Blockieren von freien Stapeln und das Umsortieren der Samurai stellen die Spieler vor die einfachsten und zugleich komplexesten strategischen Überlegungen. Es ist in etwa so, wie bei einem guten Schachspiel, Stratego oder anderen Zweispielklassikern, die mit wenig Aufwand viel Spieltiefe erreichen. So viel, dass die ursprüngliche Zeitangabe von zwanzig Minuten vom produzierenden Huch-Verlag mittlerweile auf dreißig Minuten angehoben worden ist. Im Rahmen dieser Rezension ist es angebracht, diese Zeit nochmals zu erhöhen (durchschnittlich vierzig Minuten haben wir auch mit der Erfahrung einiger Spiele gebraucht). Das liegt in erster Linie daran, dass man sich Zeit lassen sollte, die Taktik und Strategie des jeweiligen Spielzuges genau zu analysieren.

Fazit:

Was bleibt ist ein echtes Schmuckstück, denn auch optisch haben die Macher hie alles richtig gemacht. Die Chips liegen gut in der Hand, man kann, wenn man denn will und damit seine Nervosität zum Ausdruck bringen möchte, sogar wie beim Poker mit den Jetons spielen und klappern. Vielleicht hilft das ja, den Gegner einzuschüchtern oder sich selbst zu motivieren. In jedem Fall haben wir es hier mit einem echten Geheimtipp zu tun, der lang anhaltenden Spielspaß aufgrund der einfachen und zugleich komplexen Strategie verspricht. Die Hintergrundgeschichte und das Layout tun dazu Ihr Übriges.

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