Saturday

Saturday von Ian McEwan

Inhalt
Henry Perowne ist mit seinem Leben rundum zufrieden. Er ist in seinem Beruf als Neurochirurg gleichermaßen angesehen und erfolgreich, führt eine harmonische und glückliche Ehe und hat zwei intelligente Kinder. Sein Sohn ist ein vielversprechender Musiker, und Henry ist sich sicher, dass sein Sohn seinen Weg machen wird. Henrys Tochter Daisy ist eine äußerst talentierte Dichterin, und bereits mit Anfang 20 wurde sie mit einem begehrten Literaturpreis ausgezeichnet. Kurzum: Eigentlich gibt es nichts in Henrys Leben, was ihm übermäßig viel Sorge bereiten würde, und gelegentlichen melancholischen Gedanken misst Henry auch nie viel Bedeutung bei.

Dennoch beunruhigt ihn der „Zustand der Welt“ wie er es nennt, und der Samstag, der in „Saturday“ beschrieben wird, wird Henrys Leben nachhaltig beeinflussen. Denn an jenem Samstag findet in London nicht nur die größte Friedensdemonstration aller Zeiten statt, sondern Henry Perowne hat an diesem Tag auch noch eine Begegnung, die ihm jede Ruhe und Sorglosigkeit raubt. Und so wird dieser Tag, Samstag der 15. Februar 2003, für Henry Perowne und seine Familie zu einem schicksalhaften Tag, und eine winzige Begebenheit löst einen Strudel von Ereignissen aus, die das Leben der wohlhabenden Familie Perowne gründlich aus den Fugen geraten lassen.

Eine kritische Auseinandersetzung mit Gesellschaftsstrukturen, Terror und Krieg und den begrenzten Möglichkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen
„Saturday“ setzt die Tradition zahlreiche britischer Romane fort: Der Autor Ian McEwan beschränkt sich in „Saturday“ auf die Beschreibung eines einzigen Tages. Der geschilderte Tag beginnt für den Hauptprotagonisten Henry Perowne zunächst sehr ungewöhnlich: Ohne erkennbaren Grund wacht er am frühen Morgen auf, und als er sich ans Fenster seines Schlafzimmers stellt, beobachtet er, wie sich ein kleines Flugzeug nur noch mühsam in der Luft halten kann und langsam aber sicher abstürzt.

Henry versucht, das Gesehene nicht zu nah an sich heranzulassen, und versucht, seine normale „Samstagsroutine“ abzuspulen: Er freut sich auf das nachmittägliche Squash-Spiel mit einem Kollegen, sieht dem abendlichen Dinner mit seiner Familie gelassen und mit Vorfreude entgegen, und versucht, die Berichte über die anstehende Friedensdemonstration aus seinen Gedanken zu verdrängen. Doch der Tag verläuft anders, als Henry es erwartet hätte: Morgens gerät Perowne mit einem Mann aneinander, als er verbotenerweise eine gesperrte Straße durchfährt. Henry erkennt, dass der Mann an einer unheilbaren Nervenkrankheit leidet, und dass er schon bald nur noch „dahinvegetieren“ wird. Um einer Schlägerei zu entgehen, lässt Henry sich dazu hinreißen, den Mann auf offener Straße verbal zu demütigen. Doch diese Unbedachtheit wird unvorhergesehene Konsequenzen haben.

Der Mann, mit dem Henry morgens aneinander geraten ist, dringt am Abend in Perownes Haus ein, und versucht, sich mit Waffengewalt an Henry und seiner Familie zu rächen. McEwans Verfasserintention wird insbesondere hier sehr deutlich: Die gewünschte Auseinandersetzung des Lesers bzw. Zuhörers mit den Entwicklungen der Gesellschaft, mit der ständigen Bedrohung durch Gewalt und Terror und der Hilflosigkeit des Einzelnen gegenüber dieser omnipräsenten Bedrohung. Auch der Zusammenhalt und Wert der Familie in Extremsituationen spielt in „Saturday“ eine wichtige Rolle. In der Hörbuchfassung, in der Jan Josef Liefers die Ereignisse um Henry Perowne mit klarer, weicher Stimme beschreibt, macht „Saturday“ noch einmal zu einem besonderen Vergnügen, denn Liefers gelingt es, mit so warmer und dennoch stets situationsgemäßer Stimme zu lesen, dass der Leser sich mitten ins Geschehen hineinversetzt fühlt.

Fazit
Mit „Abbitte“ gelangte Ian McEwan zu Weltruhm. Und auch „Saturday“ wurde von der Kritik begeistert aufgenommen. Sicher, der Roman hat durchaus seine Längen, insbesondere die detaillierten Beschreibungen des neurochirurgischen Berufsalltags gestalten sich mitunter etwas langatmig. Dennoch ist „Saturday“ ein durch und durch stimmiges Werk, und wer sich einmal auf die lange Hörbuchfassung eingelassen hat, wird mit mehreren Stunden reinsten Hörgenusses belohnt werden – „Saturday“ ist somit definitiv ein Glanzstück der zeitgenössischen britischen Literatur.

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