Kommunikative Bewegungstherapie

Inhaltsverzeichnis
Belletristik

Nightwish – Yesterwynde

Musik

Back To The 80´s: Schwarz auf weiß

Musik

Marina Marx – Wahrheit oder Pflicht

Wilda-Kiesel; Tögel; Wutzler: Kommunikative Bewegungstherapie: Brücke zwischen Psychotherapie und Körpertherapie

Ausdruck des Kollektivs

Den Nostalgiepokal, besser vielleicht den Ostalgiepokal, hat dieses Buch schon mal sicher. Das inhaltlich mehr als überzeugende Grundlagenwerk der Kommunikativen Bewegungstherapie besticht bei der Bebilderung der einzelnen Übungen mit einer kruden Mischung aus Post-Millenniums-Fotografien relativ ausdrucksloser Klienten (das ist nicht gegen die Klienten gemeint, die Post-Millenniums-Zeit ist, höflich formuliert, an sich ausdruckslos) und – genau hierfür den Pokal – sensationeller Archivbilder aus DDR-Zeiten, in denen junge Mädchen mit schwarzen Leggings, weißen Hemden mit Hammer und Sichel und Frisuren, die jenes System und jene Zeit erlaubten (also keine Frisuren!), einfache Bewegungen vormachen. Dass jene Bilder noch auf kasernenhofartigen Militärplätzen (wahlweise Internatspausenhöfe) zustande kommen, geschenkt. Willkommen im Rausch der Zeiten.

Wer meint, dass jener bluminante Exkurs nichts mit dem Inhalt jenes Buches zu tun hat, für das sich das kaum aussprechbare Autorentrio Anita Wilde-Kiesel, Anette Tögel und Uwe Wutzler auszeichnet,  der täuscht. Denn jene Systematisierung, jener Geist disziplinierter und vor allen Dingen wissenschaftlich fundierter Hoheit dringt trotz aller Liebe zum wirklichen Leben immer wieder durch. Besonders negativ fällt die Verehrung für einen der obersten DDR-Ideologen Kurt Meinel auf, der mit seinem Standardwerk Bewegungslehre schon Anfang der 1960er Jahre zwar eine wissenschaftliche Basis menschlichen Bewegens vorlegte, diese aber bis heute (das Buch wird jedes Jahr neu aufgelegt) als Mechanisierung und Mathematisierung des Menschen postuliert.

Und wo ist in dem reichhaltigen (typisch wissenschaftlich eben) Literaturverzeichnis der Name Gerda Alexander, die einen Großteil der hier dargereichten Übungen in einer naturhaften, tief von innen kommenden Form der Eutonie postuliert hat? Wo der von Ashley Montagu, deren Buch Körperkontakt einzigartig ins Leben dringt, aber nicht vom Großhirn, sondern vom Herzen her erklungen ist? Stattdessen die langweiligen Heroen psychosomatischer und vor allem psychiatrischer Medizin. Das genügt als Kritik und darf den Blick nicht verstellen, denn das Buch bietet eine wirklich umfassende Einführung in die Möglichkeit, psychotherapeutische Krankheiten mit Hilfe einer als kommunikativen Bewegungstherapie bezeichneten Form zu behandeln.

Theoretisch werden die wichtigen Grundlagen der Psychomotorik, der Körpertherapie, der Psychiatrie und Psychologie dargelegt und ganz wunderbar im praktischen Teil aufbereitet. Zahlreiche Übungen für Gruppen, die abgewandelt auch für Einzelsitzungen verwendet werden können, warten auf die Interessierten. Besonders positiv sind die zahlreichen Varianten und Möglichkeiten, die die Autoren anbieten, genauso wie die häufig sehr konkreten Anwendungsmöglichkeiten. Also welche Übung löst welche Gefühle aus und kann bei welchen Patienten helfen?

Fazit:

Die beigelegte CD mit Übungsanleitungen, der reichhaltige Fundus an theoretischem und praktischem Wissen, die prall gefüllten gut 270 Seiten, das große Glossar nebst Literaturangaben: alles gewichtige Pluspunkte. Die negativen Seiten sind die etwas unübersichtliche Handhabung des Buches und die – wie eingangs erwähnt – deutlichen Unterschiede der Herangehensweise, auch mit vielen anderen Werken des großartigen Huber-Verlages aus der Schweiz. Denn in diesem Buch regiert für den, der es möchte, das Großhirn. Ein Organ, das im Körperwissen eine sekundäre Rolle spielt.

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