Naeher-Zeiffer: Progressive Muskel-Entspannung
Bodyrelax, Grafikchaos
Was hat sich denn nur die Grafikabteilung beim Arrangieren gedacht? muss man leider als Erstes fragen, wenn man sich dem kleinen Taschenbuch der Progressiven Muskelentspannung des Springer-Verlags annähert. Denn so toll und wichtig der Inhalt, so fundiert und gewissenhaft die Autoren, so unübersichtlich ist die Gestaltung – wirklich schade. Nichtsdestotrotz haben wir es hier mit einer guten Anleitung und Übersicht für die von Edmund Jacobson entwickelte Entspannungsarbeit zu tun, die – so die Vorgabe – sich deutlicher am Original orientiert als andere Autoren.
Als nächstes müsste man natürlich wissen, was denn andere Autoren so anders machen. Erfährt man zwar nicht, aber realisiert doch bald, dass sich die Wissensvermittlung hier auf einem ganz anderen Niveau befindet. Nicht einfach nur anspannen und entspannen, sondern Ankommen, Wahrnehmen, Bewegen, Lösen, Zurückkommen und Innehalten. Nicht nur im Liegen, sondern auch im Sitzen oder Stehen. Das ist jedenfalls eine sehr gelungene und erweiterte Annäherung an diese Methodik, kombiniert mit Visualisierungsübungen und einem Nachwort zum Autor. Also tatsächlich: das ist nah am Original dran, aber – das hätte vielleicht etwas klarer hervorgehoben werden können – nicht das Original selbst.
Stattdessen haben wir es hier mit den Vorsitzenden der DGEV (Deutsche Gesellschaft für Entspannung – ja, das gibt’s tatsächlich!) zu tun, die sich viel Mühe gegeben haben, ihre profunden Kenntnisse an die Leser zu bringen. Inhaltlich eine klare Eins, äußerlich geht das leider Richtung mangelhaft, wie eingangs bereits erwähnt. Allein die fett markierten Begriffe lassen staunen. Präfixe, Endungen, Modalwörter – kreuz und quer wird da markiert. Das mag alles einen Sinn haben, der aber erschließt sich in dem Gewirr von fett markierten Wörtern, grauen Kästchen, kleinen Sternchen – die dann wieder auf andere Seiten verweisen – und einer viel zu kleinen Schrift nicht allzu einfach.
Eine große, übersichtliche Tabelle der einzelnen Abschnitte der Entspannungstechnik wäre ebenso wünschenswert gewesen, wie eine insgesamt größere Schrift. Man stellt sich ja vor, dass man diese Übungen für sich nachmachen soll. Dann fängt man an sich zu entspannen und muss quasi zwangsläufig immer wieder die Augen fixieren und Nachspannen – denn sonst kann man die kleinen Buchstaben nicht entziffern.
Was auch fehlt: eine zumindest kurze theoretische Auseinandersetzung (und zwar kritische) mit der Entspannungswelle der Moderne und warum Jacobson sein Original You must relax genannt hat. Müssen und Entspannen – ein Widerspruch? Definitiv. Und darauf hätte man eingehen können.
Fazit:
Trotz alles Kritik am Layout und dem Aufbau, inhaltlich ein starkes Stück, das in jeden gut sortierten Bewegungshaushalt gehört. Die Methode hilft nachweislich Verspannungen zu lösen und kann in vielen anderen Leidenssituationen wirksam eingesetzt werden. Sie ist – mit einemWort – genial. Um das zu bekräftigen folgenden Vorschlag: den Schriftsatz vergrößern, den Grafiker ersetzen und das ganze Buch nochmal neu auflegen – dann ist auch das richtig genial!