Sorry

Sorry von Zoran Drvenkar

Inhalt:

Die vier Freunde Kris, Tamara, Frauke und Wolf leben in Berlin und sind schon seit der Schule eine Clique. Heute -ungefähr zehn Jahr nach dem Abitur-müssen sie feststellen, dass sie alle seit ihrem Schulabschluss nur so dahingelebt und keine ihrer Träume und Wünsche verwirklicht haben.

Am Rande des Abgrunds

Kris ist 29 und wurde gerade in der Zeitungsredaktion entlassen. Sein kleiner Bruder Wolf schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, träumt von der großen Autorenkarriere und ist seit dem Drogentod seiner Freundin psychisch angeschlagen. Tamara ist arbeitslos, vermisst ihre Tochter, zu der sie schon lange keinen Kontakt mehr hat. Das ehemalige Straßenkind Frauke arbeitet nur, wenn sie gerade Lust auf einen Job hat und kommt so kaum über die Runden. Doch eines Tages haben die vier eine Idee, die ihr Leben von heute auf morgen auf den Kopf stellt.

Wie oft fällt es Menschen schwer, sich zu entschuldigen!, stellt Kris fest und denkt dabei gerade an hochrangige Konzernchefs, denen es seiner Meinung nach an den nötigen Gefühlen fehlt. Und genau das ist die Marktlücke, die sie in der Folgezeit füllen wollen. Sie gründen eine „Argentur für Entschuldigungen“ und plötzlich scheint ihr Leben wieder einen Sinn zu machen; sie schwimmen geradezu in Geld und leben in einer Villa am See.

Aber mit dem, was an diesem Tag passiert, haben sie in ihren schlimmsten Alpträumen nicht gerechnet. Es sollte ein Job wie jeder andere werden, aber am vereinbarten Treffpunkt findet Wolf eine Leiche und soll sich bei ihr für die erlittenen Qualen entschuldigen. Und plötzlich werden die vier Freunde in einen grausamen Strudel der Gewalt gezogen. Mit einem Mörder, der scheinbar keine Grenzen kennt.

Fazit:

Eins vorweg: „Sorry“ ist ein wirklich außergewöhnliches und schwer zu rezensierendes Werk, das auch in anderen Foren für viel Wirbel und Uneinigkeit sorgt. Selten gibt es so extrem abweichende Leserbewertungen wie bei diesem Werk.

Drvenkar betritt Neuland

Das liegt an Zoran Drvenkars ungewöhnlichem Schreibstil, den man wirklich schwer beschreiben kann. Auch sonst setzt der ehemalige Jugendbuchautor völlig neue Maßstäbe. Formal fällt dem Leser schon nach wenigen Sätzen auf, dass Drvenkar statt ss bei allen betroffenen Wörtern wieder das alte ß nutzt. Zudem verwendet er beispielsweise Spiegelstriche statt – wie gewohnt- Anführungszeichen zur Kennzeichnung der wörtlichen Rede. So etwas habe ich vorher noch nie gesehen. Einige Leser beklagen dieses Ungewohnte, ich fand es beim Lesen grandios.

Die Handlung ist in die verschiedenen Kapitel “ Du“, „Kris“, „Tamara“, „Frauke“, „Wolf“, und „Der Mann, der nicht da war“ eingeteilt und rotiert im Verlauf der Geschichte. Mit den Bezeichnungen „davor“, „dazwischen“ und „danach“ über den Kapitelüberschriften versucht Dvrenkar die vielen Zeitsprünge deutlich zu machen. Gelegenheitsleser kann das definitiv verwirren. Allein meine bisherigen Beschreibungen machen sicherlich deutlich, dass dieses Buch keineswegs einfach gestrickt ist und das Lesen über mehrere Wochen oder gar Monate sich nicht gerade anbietet, weil man einfach den Faden verliert. All diese ungewöhnlichen Dinge machen das Buch aber in meinen Augen zu etwas Besonderem und zuerst stellt sich nur die Frage, ob man das Ungewöhnliche, das Neue akzeptiert? Wenn man das tut, und einfach weiterließt, kann man durch „Sorry“ echt gut unterhalten werden.

Trotz möglicher Angriffpunkte, muss man nämlich das Geschriebene auch einfach mal ganz nüchtern und objektiv betrachten und hier fehlt es dem Buch meiner Ansicht nach an nichts. Gut konstruierte und interessante Hauptcharactere, durchgehende und teilweise sogar wirklich extrem fesselnde Spannung mit klugen Wendungen und einem Funken Humor. Zoran Drvenkar traut sich zudem in manchen Szenen eine wirklich schockierende Grausamkeit bei seinen Schilderungen und sorgt so für klasse Nervenkitzel. Also an alle Mimosen: Finger weg!  Des weiteren finde ich es echt stark, dass der Autor den Leser schon direkt in den ersten Kapiteln mit der Du-Form anspricht, denn so erzeugt er Nähe und man möchte herausfinden, was es im Endeffekt damit auf sich hat. Auch das Cover ist so schlicht, wie genial.

Wie wichtig ist bei einem Thriller Realismus?

„Sorry“ ist aber über weite Teile schlichtweg unrealistisch, gerade manche der Dialoge. Da stellt man sich manchmal die Frage, ob es überhaupt einen Menschen auf der Welt gibt, der in der Situation so wie der Character handeln würde. Auch hier muss man es wohl einfach als eine fiktive Geschichte betrachten und sich überflüssige Gedankengänge sparen.

Insgesamt ist „Sorry“ ein sicherlich außergewöhmliches Buch, das nicht gerade durch Realismus glänzt. Wem das aber egal ist, wer wert auf Spannung und Unterhaltung legt und mit dem eigensinnigen Schreibstil zurecht kommt, wird mit „Sorry“ ein wahrhaftes Meisterwerk vorfinden. Am Ende ist die Antwort auf die Qualität des Romans wohl ziemlich einfach: Geschmackssache. Und von mir gibt es viereinhalb Sterne. Wem das nicht passt: SORRY!

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