VERDAMMT, ER KANN ES NOCH!
Der Musiker:
Matthias Reim ist eine der schillerndsten Figuren im deutschen Pop- und Schlagergeschäft. Komponierte und textete er anfangs für Kollegen wie Bernhard Brink, Jürgen Drews oder Roberto Blanco, gelang ihm 1990 mit seiner ersten eigenen Single der erste gesamtdeutsche Megahit: „Verdammt, ich lieb dich“ verkaufte sich 2,5 Millionen Mal und hielt sich sagenhafte 16 Wochen auf Platz 1 der Singlecharts. Auch das dazugehörige Album „Reim“ wurde ein Erfolg und verkaufte knapp zwei Millionen Einheiten. Mit den folgenden Alben konnte Matthias Reim diesen Erfolg nicht wiederholen. Auch wenn er mit Titeln wie „Ich hab´geträumt von dir“ oder „Ich hab´mich so auf dich gefreut“ in die Top Ten kam – ein Erfolg wie seine Debütsingle war nicht mehr dabei. Analog zu den sinkenden Plattenverkäufen geriet er durch die Misswirtschaft seines Managements in die Schuldenfalle. Musikalisch geht es seit dem Jahr 2000 und dem Album „Wolkenreiter“ wieder aufwärts. Vor allem durch seine umjubelten Liveauftritte hielt sich Matthias Reim in dieser Zeit über Wasser. 2010 war dann ein Wendepunkt in seinem Leben. Durch ein verkürztes Insolvenzverfahren war der Sänger schuldenfrei und legte mit dem Album „Sieben Leben“ ein fulminantes Comeback vor.
Das Album:
Mit seinem aktuellen Album „Unendlich“ erklomm Matthias Reim erstmals nach seinem Debütalbum wieder die Spitze der deutschen Album-Charts. Es folgte eine große Tournee durch Deutschland, die im Frühjahr durch die Hallen und im Sommer durch diverse Open Air Locations führte.
Das vorliegende Livealbum ist der komplette Mitschnitt des Konzerts in der Jungen Garde in Dresden. Und es ist ein hervorragender Indikator dafür, was Matthias Reim und seine Band auf der Bühne sind: verdammt gute Musiker!
Wer den Sänger nur von seinen Studioalben kennt, wird oft denken, das es sich um einen weiteren „Schlagerfuzzi“ handelt. Doch Matze, wie ihn seine Fans nennen, ist mehr. Nicht umsonst tummeln sich auf seinen Konzerten Besucher aller Couleur. Die Sekretärin steht da neben dem Popper, die Friseurin neben dem Metalfan – und sie alle singen die Titel vom ersten bis zum letzten Song mit. Für viele Männer ist Matthias Reim das lebendig gewordenes Sprachrohr. Schafft er es doch, wie kaum ein anderer Sänger die Gefühlswelt des vermeintlich starken Geschlechts auf den Punkt zu bringen. „Ich bin nicht verliebt“ sing er in einem seiner besten Songs („Unverwundbar“), der natürlich auch hier nicht fehlen darf.
Hinzu kommt, das Matthias Reim und seine Band auf der Bühne richtig Gas geben. Er zelebriert handgemachte Musik, die gerade auf den letzten beiden (sehr erfolgreichen) Alben ein wenig in den Hintergrund gerückt ist. Doch live ist er eine Bank, wie er gerade auch in den Jahren bewiesen hat, in denen er nicht so erfolgreich war. Gerade in den neuen Bundesländern hat Reim getourt was das Zeug hielt und sich hier eine Fanbasis erarbeitet, die ihn auch bei diesem Konzert auf Händen trägt.
Und so ist „Unendlich Live“ ein hervorragender Mitschnitt einer Tournee, die ich in Berlin besucht habe und die mich (wie immer, wenn ich Matze im Konzert gesehen habe) begeistert hat. Neben „Einsamer Stern“ haben es die Titel vom neuen Album ins Programm geschafft, die nicht auf den WDR-4-Rhythmus setzen („Dann bis es du“, „Wir sind unendlich“). Vor allem aber sind es die alten Songs, die ein Reim-Konzert ausmachen. Und hier lässt der sympathisch-authentische Sänger nichts aus: Egal ob „Ich hab´mich so auf dich gefreut“, „Hallo, ich möcht gern wissen wie´s dir geht“ oder „Unverwundbar“. Vom ersten Takt singt das Publikum mit. Ein Höhepunkt ist sicher die Ballade „Ganz egal“ von seinem Debütalbum, die sich im Konzert zu einem Rocker der Sonderklasse mausert. Ganz hervorragend sind auch die Coverversionen von „Am Fenster“, „Schwanenkönig“ und „Über sieben Brücken“, die live wesentlich besser rüberkommen, als in der Studiofassung auf dem neuen Album.
Das bringt mich auch zum einzigen Kritikpunkt dieses Albums. Die Liveatmosphäre hätte noch wesentlich besser eingefangen werden können. Gerade bei den rockigeren Titeln ist oft nur der Chor von Matthias Reim zu hören. Sicher, bei Titeln wie „Du bist mein Stern“ oder „Ganz egal“ ist das Publikum voll dabei. Trotzdem wäre hier noch mehr Stimmung und Atmosphäre drin gewesen, zumal Matthias Reim einer der wenigen Künstler ist, bei denen die Fans so euphorisch vom ersten Takt an mitgehen. Hier hätten sich die Produzenten mal die Livealben von Pur anhören sollen, um zu wissen, wie man ein perfektes Livealbum abmischt.
Trackliste CD 1:
01 – Unendlich (Intro)
02 – Einsamer Stern
03 – Verdammt für alle Zeit
04 – Ich hab mich so auf dich gefreut
05 – Hallo, ich möchte gern wissen wie´s dir geht
06 – Du bist mein Glück
07 – Du bleibst
08 – Unterm Mond
09 – Sowieso für dich das Letzte
10 – Tief in mir
11 – Dann bist es du
12 – Was ist nur los?
13 – Unverwundbar
Trackliste CD2:
01 – Am Fenster
02 – Halleluja
03 – Ganz egal
04 – Schwanenkönig
05 – Über sieben Brücken
06 – Ich liebe dich
07 – Jedes Bild
08 – Party Block: Deine Liebe / Es tut mir überhaupt nicht weh / ich will dich immer noch / Küssen oder so
09 – Ich hab geträumt von dir
10 – Träumer
11 – Egal, was soll´s
12 – Wir sind unendlich
13 – Verdammt, ich lieb dich
14 – Irgendwo da draußen (Studio Version)
15 – Du bist wie ein Magnet (Studio Version)
16 – Blinder Passagier (Studio Version)
Fazit:
Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, das Matthias Reim einer der besten deutschen Livemusiker ist. Eine Aussage, die er mit „Unendlich – Live“ auch untermauert. Wer hören will, welche Musik ihm wirklich am Herzen liegt, ist mit dem Album gut bedient und für alle anderen ist es eine tolle Erinnerung an ein ganz starkes Konzert.