2 Seiten

DAS SCHWIERIGE ZWEITE ALBUM!

Die Band:
Bereits seit 2006 ist der bekannte Schauspieler Jan Josef Liefers mit seiner Band unterwegs. Zunächst als Jan Josef Liefers & Oblivion, jetzt als gesamte Band Radio Doria. Liefers‘ Ziel war es, sich neben der Schauspielerei ein zweites Standbein aufzubauen. Auf zahlreichen Konzerten, die unter dem Motto „Soundtrack meiner Kindheit“ standen, coverte die Band Songs von ostdeutschen Größen wie Silly, Renft oder den Puhdys. 2015 erschien dann das erste Album „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“.

Das Album:
Als sich Jan Josef Liefers (Gesang, Banjo), Johann Weiß (Gitarre), Jens Nickel (Gitarre), Günter Papperitz (Keyboards), Christian Adameit (Bass) und Timon Fenner (Schlagzeug) vor gut einem Jahr trafen, um über das neue Album zu sprechen, waren die Köpfe leer. Zu sehr beschäftigte die Musiker der alltägliche Wahnsinn, der mit Flüchtlingskrise und diskussionswürdiger Meinungsfreiheit einen neuen Höhepunkt erreicht hatte. Da der Islam scheinbar das neue Feindbild war, beschlossen die Musiker sich diesen Feind genauer anzusehen und unternahmen eine gemeinsame Reise in den Iran. In Theran lernten sie die Menschen kennen und schätzen und schafften es, eine Mauer in ihren Köpfen gar nicht erst entstehen zu lassen.

Mit vielen Eindrücken gingen Radio Doria ins Studio, um einen Nachfolger für das hochgelobte und wirklich tolle Debütalbum vorzulegen. Oft sind zweite Alben wegweisend, da sich hier zeigt, ob das gelungene Debüt ein Einzelgänger war oder ob doch mehr Substanz vorhanden ist.

„2 Seiten“ heißt das neue Werk, mit dem Radio Doria nunmehr an den Start gehen. Und diese Thematik zieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Wie das Leben, so ist auch das Album mal laut, mal leise, mal melancholisch, mal lustig, mal zuversichtlich, besitzt hat zwei Seiten.

Mit den Songs „Eigentlich“ und „Das weiße Haus“ legen Radio Doria flott los und stellen hier schon unter Beweis, dass „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“ alles, aber kein Zufallstreffer war. Spätestens nach dem dritten Song, „Jeder meiner Fehler“ hat einen das Album gepackt. Danach wird es etwas sperriger und kopflastiger. Songs wie „2 Seiten“, „Nie egal“ (ein fantastisches Duett mit Reinhard Mey) und vor allem „So schön“ sind nicht für den schnellen Genuss geeignet, sondern verlangen ein wenig Aufmerksamkeit.

Wer jetzt denkt, das Album versinke in Melancholie wird aber schnell eines Besseren belehrt. „Geister“ oder „Wie es nie war“ ziehen auch die Temposchraube wieder etwas stärker an und geben dem Album die wichtige musikalische Abwechslung. Zumal im hinteren Teil noch zwei weitere Perlen auf den Hörer warten. „Nochmal zum ersten Mal“ ist eine wunderbare Liebeserklärung der anderen Art, bevor „Abendlied“ ein Album beendet, das restlos überzeugt.

Trackliste:
01 – Eigentlich
02 – Das weiße Haus
03 – Jeder meiner Fehler
04 – 2 Seiten
05 – So schön
06 – Nie egal (feat. Reinhard Mey)
07 – Wir sind
08 – Geister
09 – Nochmal zum ersten Mal
10 – Wie es nie war
11 – Abendlied
12 – Jeder meiner Fehler (MZRT Remix)

Fazit:
Textlich und musikalisch ist „2 Seiten“ ganz großes Kino. Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass das Album eines der, vielleicht sogar das beste deutschsprachige Album des Jahres 2017 ist. Alle elf Songs begeistern mit ganz starken Texten und fantastischen Arrangements. Und Jan Josef Liefers zeigt, dass er ein wirklich toller Sänger ist. Wer daran noch zweifelt, sollte sich auf You Tube die Liveversion von „Jeder meiner Fehler“ aus der NDR-Talkshow ansehen. Ich freue mich schon jetzt auf die Tour von Radio Doria und werde „2 Seiten“ dauerhaft auf meiner Playlist behalten.

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