WIRKLICH EIN SUPERSTAR?
Die Musikerin:
Die aktuelle Gewinnerin der RTL Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ ist im Showbusiness kein unbeschriebenes Blatt. Bereits im Jahr 2007 erschien zusammen mit Lys Assia ihr Debütalbum „Sag mir wo die Engel wohnen“. Für die Schweiz trat das Duo beim Grand Prix der Volksmusik an. Zwei weitere Alben („Wenn der Himmel es so will“, 2008 und „Feuer und Flamme“, 2011) folgten, ohne jedoch eine breite Öffentlichkeit zu finden.
Das Album:
Innerhalb der Castingshow sorgte Beatrice Egli mit deutschen Schlagern für Furore und machte Titel von Vicky Leandros, Jürgen Marcus oder Andrea Berg auch einem jungen Publikum schmackhaft. Vor allem ihre in der Show interpretierten Titel von Helene Fischer sorgten dafür, das Beatrice Egli schon während der Sendung als neuer Stern am deutschen Schlagerhimmel gehandelt wurde. Und als der angebliche Poptitan auch noch verkündete, das sie im Schlagerbereich die Beste ist, die wir je hatten, war der Medienhype perfekt. Um dieses Feuer am brennen zu halten, muss das Eisen natürlich geschmiedet werden, so lange es heiß ist. Die Single „Mein Herz“ erschien sofort nach dem Finale und stieg auf Platz 1 in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein. Kurz darauf folgte das von Dieter Bohlen geschriebene und produzierte Album „Glücksgefühle“. Doch stellen sich diese wirklich beim Hören ein?
Beginnen wir mit dem positiven Aspekt: Beatrice Egli hat eine wirklich gute Stimme. Man merkt, das sie seit dem 14.Lebensjahr Gesangsunterricht nimmt und schon Bühnenerfahrung hat. Von daher kann ich mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass von Anfang an fest stand, das Beatrice Egli die Siegerin dieser Staffel sein wird.
Doch zurück zum Album. Hier stellt sich vor allem die Frage, ob Beatrice Egli eine ähnlich kurze Halbwertzeit bevor steht, wie allen anderen Siegern. Ich fürchte ja, denn der einzige im Hause Bohlen, der auf lange Sicht erfolgreich ist, ist der Dieter selbst. Und so trällert sich Beatrice Egli durch zwölf vollkommen belang- und seelenlose Titel, die von jeder anderen Künstlerin (oder jedem anderen Künstler) hätten gesungen werden können. Die Titel sind untereinander austauschbar. Bestes Beispiel ist der Titel „Ist doch alles egal“, der mir mit am Besten gefallen hat, jedoch bekannt vorkam. Kurz überlegt und fündig geworden: Auf dem neuen Album von Matthias Reim befinden sich (leider) auch einige Bohlen-Titel. Unter anderem der Song „Alles Egal“, der (bis auf kleine geschlechterspezifische Textänderungen) identisch ist. So viel zum Thema Austauschbarkeit. Daher lohnt es sich auch nicht, auf weitere Titel einzugehen, da einer wie der andere klingt. Und wo Helene Fischer schmachtende Balladen oder flotte Popnummern liefert, gibt es hier nur Songs, die alle im WDR-4-Rhythmus angesiedelt sind. Aber die Wörter musikalische Abwechslung gehörten ja noch nie zum Wortschatz von Dieter Bohlen. Allerdings gibt ihm der Erfolg Recht: Never chance a winning Song…
Trackliste:
01 – Mein Herz
02 – Jetzt und hier für immer
03 – Verlieben, verloren, gelacht und geweint
04 – Ich geb dir mein Ehrenwort
05 – Ist doch alles egal
06 – Ja, wenn du denkst…
07 – Flieg nicht so nah ans Licht
08 – Unzertrennlich
09 – Das mit dir
10 – Diese Nacht hat 1000 Stunden
11 – Zum Teufel mit dir
12 – Tausend Mal
Fazit:
Eines möchte ich klar stellen: Es handelt sich hier nicht um die Rezension eines Schlagerhassers oder potentiellen Dieter-Bohlen-Gegners. Und da man über Musik und Geschmack bekanntlich nicht streiten kann, ist diese Rezension auch nur meine persönliche Einschätzung. Allerdings ist Beatrice Egli von Helene Fischer noch Lichtjahre entfernt. Bis auf die Tatsache, das beide blond sind und über eine gute Stimme verfügen, kann ich keine Gemeinsamkeiten entdecken. Wer auf einfach gestrickten, textlich komplett belanglosen und austauschbaren Popschlager steht, wird mit „Glücksgefühle“ bestens bedient. Das sei auch jedem zugestanden. Alle anderen Hörer werden spätestens ab Titel 3 mit der Skiptaste liebäugeln. Der Erfolg sei Beatrice Egli gegönnt, doch um sich dauerhaft als großer Schlagerstar (und in diese Kategorie zähle ich dann Leute wie Udo Jürgens, Howard Carpendale oder Vicky Leandros) zu etablieren, bedarf es mehr, als eine Castingshow zu gewinnen und sich von Dieter Bohlen ein schon oft gehörtes Album auf dem hübschen Leib produzieren zu lassen. Doch warten wir ab: Vielleicht ist „Glücksgefühle“ ja der Auftakt einer solchen Karriere. Ich kann es mir aber nicht vorstellen.