After tears

Inhaltsverzeichnis
Musik

Saltatio Mortis – Finsterwacht

Musik

Daryl Hall – D

Klassik

Stephan Moccio – Legends, Myths And Lavender

Niq Mhlongo, After Tears, Kwela Publ. (Südafrika) 2007

 

Niq Mhlongo’s After Tears wurde für drei südafrikanische Literaturpreise nominiert, der Autor gewann ein Drei-Monats-Stipendium in den USA, der Roman wurde hoch gelobt, der Autor von Interview zu Interview weiter gereicht. Das Buch hat gerade mal 220 Seiten und trotzdem bereitet es dem deutschen Leser nicht geringe Schwierigkeiten. Das beginnt schon beim Titel: Was soll das heißen, „after tears“? Nach dem Lesen des Buches ist man dann schlauer, die Tränen danach bezeichnen den „Leichenschmaus“, das Essen nach der Beerdigung! Aha! Bei anderen offenbar typisch südafrikanischen Bezeichnungen bleibt das Fragezeichen bestehen, trotz des kleinen Glossars, das nur selten weiterhilft. Was ist ein Spaza-shop? Snoek oder chomza? Und was ist bunny chow? Aber vielleicht muss man auch nicht alles wissen, und Lokalkolorit, Einführung in eine gesprochene, lebendige Sprache – durchsetzt mit Sesotho, isiZulu, Afrikaans und township-slang hat eben ihren Preis.

Inhalt

Mhlongos Held Bafana ist durchs Examen gerasselt, sein Jurastudium in Kapstadt endet mit einer  Pleite. Da er eigentlich nicht weiß, was er nun tun soll, überlässt er sich seinem Heimweh und fährt nach Hause, nach  Chiawelo, einem Teil von Soweto, Johannesburg. Hier weiß niemand, auch nicht sein Onkel und dessen Freunde, die ihn vom Bahnhof abholen, von seiner persönlichen Katastrophe. Sein Onkel nennt ihn stolz Advo, Kurzform für advocat, Rechtsanwalt und sowohl er, wie auch eine Reihe weiterer Freunde und Verwandte haben schon Vorschläge für die ersten Fälle, die Bafana gewinnen soll.

Dieser Onkel Nyawana, bei dem Bafana zuerst wohnt, ist ein unentwegt quasselnder, Whisky trinkender Kleinkrimineller ohne Job, geschieden und mit nur einem Bein. Er verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Verkaufen von Gemüse und besonderem Gemüse (Marihuana) an einem kleinen Verkaufsstand vor dem Haus. So schlecht geht das Geschäft gar nicht, denn junge, hippe Mädchen rauchen „dagga“, um so den Hunger zu betäuben und schlank zu bleiben. Onkels persönlicher Fall soll Bafanas erste Aufgabe als Rechtsanwalt werden, er soll die Eisenbahngesellschaft verklagen. Als junger Mann war Onkel Nyawana Taschendieb, an dem bewussten Tag stahl er einer Frau im Zug ihr Portemonnaie  und als er besonders elegant vom Zug springen wollte, um – in erster Linie weibliche – Zuschauer zu beeindrucken, da ging das eben schief, er fiel unter den Zug: Bein ab! Dafür soll die Eisenbahngesellschaft  jetzt Schmerzensgeld bezahlen und Bafana soll es eintreiben.

Es sieht so aus als hätte jeder einen Job für Bafana, und der muss sich schnell etwas einfallen lassen. Zuerst einmal erzählt er, dass er seine Prüfungsergebnisse und sein Diplom nur bekomme, wenn er das Geld bezahlt habe, das er der Universität noch schulde. Eine dumme Lüge, aber da niemand in seiner Familie Ahnung von Universitäten, von Bildung überhaupt hat, aber alle schon erfahren haben, dass immer und überall Geld verlangt wird, wenn man etwas will, wird die Lüge geglaubt.

Aber es dauert, bis Bafana endlich mit einer erheblichen Summe Geld nach Kapstadt in Bewegung gesetzt wird. Doch da hat er schon eine andere Lösung für sein Problem gefunden und kann großzügig mit dem Geld umgehen: ein neuer Bekannter besorgt ihm jedes gewünschte Dokument, gegen Cash natürlich. Bafana eröffnet also seine Kanzlei, findet schnell Kunden und setzt alles Erreichte wieder aufs Spiel, als er sich bereit erklärt, seine Studienfreundin Vee zu scheinehelichen. Vee ist aus Zimbabwe und hat es satt, alle drei Monate um ihre Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis zu zittern. Aber natürlich bricht Bafanas Lügengebäude zusammen, wie zu Erwarten wegen einer ganz dummen Nachlässigkeit. Und daran hat Onkel Nyawana Schuld, hätte er nicht volltrunken zum Jahrtausendwechsel noch einmal beweisen müssen, wie beweglich er auch auf einem Bein ist, wäre es nicht zu seinem Unfall gekommen; wäre der Strom nicht ausgefallen und hätte daher der Onkel nicht verlegt werden müssen, wäre er vielleicht nicht gestorben und dann hätte Bafana nach der Beerdigung vielleicht nicht sein echtes Zeugnis in der Hosentasche vergessen, in der Tasche der Hose, die seine Mutter beim Ausräumen des Hauses zum Waschen mitnahm. Das war das Ende von Bafanas kurzer Karriere.

Fazit

After tears legt die Gesellschaft von Chiawelo unter ein Mikroskop, wir beobachten die Charaktere, lachen über ihre Vermessenheit, ihre Suche nach dem ganz großen Geld, ihre Erfolge und Misserfolge, in die sich manches Mal ein kurzes Erschrecken einschleicht über die sozialen Fakten im township, über Mädchen, die mit Rauschgift ihr Gewicht halten wollen oder über solche, die unbedingt schwanger werden wollen, um so an Unterstützung vom Staat und Unterhalt vom Vater zu kommen, denn das hieße gesicherte Zukunft. Und da sind die, die auf jede mögliche Beerdigung gehen, um sich beim after tears den Bauch voll schlagen zu können, auch wenn ihre Mägen bei so viel fettem Essen dann den Gehorsam verweigern: ein Kaleidoskop der schwarzen Post-Apartheid-Gesellschaft, mit viel Empathie aber auch genauer Beobachtungsgabe beschrieben. 

Der Roman ist schnell, respektlos, genau beobachtend, sehr witzig und unterhaltend geschrieben, ein kurzweiliges Vergnügen.

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