Marc Olivier Baruch: Das Vichy-Regime Frankreich 1940 – 1944
Das Vichy-Regime ist die französische Regierung, die im 2. Weltkrieg mit Nazi-Deutschland kollaborierte. Wie konnte sich dieses Regime aus der Dritten Republik heraus entwickeln? Wie sehen seine inneren Zusammenhänge, seine politische Legitimität, seine moralische Qualität aus? Offensichtlich sind Fragen wie diese selbst in Frankreich nicht endgültig geklärt.
Der Autor beschreibt die Zeit von Juni 1940 bis zum August 1944. Nach Meinung des Verlages ist sie „wegen ihrer Verflechtung mit unserer eigenen Geschichte auf für den deutschen Leser von besonderem Interesse“.
Ein Wort zum Autor
Baruch ist Jahrgang 1957. Nach seiner Ausbildung an Eliteschulen arbeitete er in verschiedenen zentralen staatlichen Verwaltungen seines französischen Heimatlandes. Das Erziehungsministerium und das Kulturministerium seien hier als Beispiele genannt. 1996 folgte seine Promotion zum Doktor der Geschichte. Sein Thema: die französische Verwaltung im 2. Weltkrieg. Birgit Martens-Schöne hat das vorliegende Werk aus dem Französischen übersetzt. Als es in dem süddeutschen Veralg erscheint, ist Baruch gerade wissenschaftlicher Mitarbeiter beim „Institut d`histoire de temps present“.
Eine Besprechung des Buches
Dieser berufliche Hintergrund ist dem Buchdeckel zu entnehmen. Die Ausführungen sind sehr kenntnisreich, detailliert und auch abwägend geschrieben. Es ist schon deutlich zu sehen, daß sich hier jemand um Neutralität bemüht und nicht eine Person von vornherein verteufelt oder glorifiziert. Dies wäre sicherlich die einfachste Lösung gewesen. Da gehört jemand dem Widerstand an und kämpft gegen die bösen Besatzer, die eben nicht nur deswegen schlecht sind, weil sie Besatzer sind, sondern auch weil sie das eigene Volk tyrannisiert haben. Ist diese Person einfach nur deswegen gut, weil sie zur Besatzung gehörte? Oder gibt es auch Zeiten, in der jemand aus reinem Opportunismus mit den Deutschen zusammenarbeitete, etwa in der Kultur? Baruch versucht, auch hier Antworten zu geben.
Den Wissenschaftler sieht man auch in anderer Hinsicht. Auch jemand wie ich, der erst deutlich nach dem 2. Weltkrieg geboren wurde und sich mit der deutschen Besatzung Frankreichs nie beschäftigt hat, erhält hier eine leicht verständliche und anschauliche Beschreibung der damaligen Ereignisse.
Tabelle, Schwarzweißfotographien und Quellen aus der Besatzungszeit illustrieren die Ausführungen und tragen so zu einem gefälligen optischen Erscheinungsbild bei. Auch der lebendige Schreibstil gefällt.
Das Fazit
Das Fazit fällt mir persönlich hier sehr leicht. Der Überfall auf Frankreich und die folgende Besatzungszeit sind in der deutschen Medienberichterstattung kein Thema. Wer über den 2. Weltkrieg berichtet, beleuchtet andere Themen, wie etwa die Ereignisse in der Normandie 1944
Von daher ist es schon interessant, ein nicht ganz alltägliches Thema in leicht verständlicher Form präsentiert zu bekommen. Autor und Übersetzerin haben hier gute Arbeit geleistet.