Der 7. Tag von Nika Lubitsch
Inhalt
Sybille Thalheim, eine 38jährige Berliner PR-Expertin, ist des Mordes an ihrem Mann, einem bekannten Berliner Rechtsanwalt angeklagt. Sie kann sich jedoch nicht erinnern, ob sie ihn umgebracht hat oder nicht; das Problem ist jedoch, daß sie es durchaus wollte, da er nicht nur mehrere Millionen Euro veruntreut und damit sie ihre gesamte Familie ins finanzielle und emotionale Unglück gestürzt hat, sondern sie sich durch sein anschließendes Verschwinden auch völlig im Stich gelassen und betrogen fühlt.
In zwei Teilen (Bücher) beleuchtet der Roman aus unterschiedlicher Perspektive die Handlung und schließlich auch die Lösung: zunächst aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur Sybille, und zwar sowohl aus ihrer gegenwärtigen Sicht als Hauptangeklagte am Mord ihres Mannes als auch retrospektiv – noch im Prozeß erzählt sie dem Leser ihre Geschichte, während ihr Verteidiger und guter Freund Ullrich Henke versucht, für sie das geringstmögliche Strafmaß herauszuholen. Im zweiten Buch sitzt Thalheim bereits wegen Mordes im Gefängnis, und sie sowie auch ein Verlag, dem sie ihre Geschichte verkauft hat, schildern quasi die gleiche Geschichte nochmals aus Rechercheperspektive. Dies ist so unglaublich spannend gemacht, daß es keine Sekunde langweilig wird.
Die Hauptfigur wirkt dabei sehr menschlich: eine erfolgreiche moderne Frau, die sich in jungen Jahren mit ihrer Arbeitsweise nicht nur Freunde macht, aber ihren Weg geht. Sie heiratet einen Rechtsanwalt, und die beiden haben in ihrem Leben eigentlich alles, was sie sich wünschen, sind glücklich miteinander, machen schöne Reisen; Sybille hat auch ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer Mutter. Sie arbeitet viel, gönnt sich aber auch etwas. Als sie mit ihrem Mann endlich auch ein Kind erwartet, ist ihr Glück perfekt. Und dann schlägt das Schicksal zu, als plötzlich, ohne Vorwarnung, ihr Mann verschwindet und nach Tagen des Wartens die Polizei auftaucht und nach den unterschlagenen knapp 10 Millionen Euro Mandantengeldern sucht…
Hintergrund/ Sonstiges
Das Buch ist der erste Roman, den die 59jährige Berliner Autorin veröffentlicht hat, und zwar zunächst als Ebook, da sie offenbar keinen „richtigen“ Verlag gefunden hatte. Der Krimi spielt in weiten Teilen in Berlin, was ihn insbesondere, aber nicht nur, für Berliner interessant macht. Dennoch ist es kein Kiezroman, sondern ein spannend geschriebener Krimi. Das Buch ist sowohl als Ebook als auch als gedruckte Version erhältlich; letztere lag dem dem Rezensenten vor und ist auch von der drucktechnischen als auch verlegerischen Arbeit her absolut professionell gemacht.
Fazit
Ein absolut überraschendes Buch. Sehr spannend geschrieben, in kurzen Kapiteln und frischer, unverstellter Sprache, ein sehr cleverer Plot, bei dem man wirklich bis zum letzten Moment nicht weiß, wer nun eigentlich der Mörder ist. Als Leser schwankt man mehrmals hin und her während des Lesens und ist überzeugt, es war die Angeklagte… Ein Kiezroman, der keiner ist – die Autorin versteht es blendend, Berliner Lokalcolorit mit Denken und Schreiben über den „Tellerrand hinaus“ zu verknüpfen und schafft ein Erstlingswerk, das einem wirklich nur ein „wow“ entlocken kann. Es geht dabei weniger um Charakterdarstellungen, auch wenn sie mehrfach es schafft, mit kurzen Beschreibungen dennoch das unglaubliche Leiden der Angeklagten zu zeichnen, als vielmehr um eine wirklich exzellent gewebte Auflösung so in rund 180 Seiten zu verpacken, daß man es kaum erwarten kann, die nächste Seite zu lesen. Absolut empfehlenswert!