Der Seelenbrecher von Sebastian Fitzek
Inhalt
„Zum Glück war alles nur ein Traum. Sie war nicht nackt. Und ihre Beine waren auch nicht an diesen vorsintflutlichen Gynäkologenstuhl gesfesselt, während der Wahnsinninge auf einem verrosteten Beistelltisch seine Instrumente sortierte“
Mit diesen Sätzen beginnt der vielleicht schockierenste Psychothriller des berliner Autors Sebastian Fitzek, der von Fans und auch Kritikern gleichsam schon als der neue Star des deutschen Psychothrillers bezeichnet wird.
Ohne Vorgeplänkel geht es in „Der Seelenbrecher“ direkt zur Sache und der Leser taucht in eine Geschichte ein, die einen so schnell nicht mehr loslassen wird.
Ein ungewöhnliches Experiment
Das Experiment, zu dem ein Universitätsprofessor in eine alte Klinik einlädt, klingt einfach. Die Probanden sollen in Anwesenheit des Professors eine Patientenakte lesen, wofür sie mit einer Aufwandsentschädigung entlohnt werden. Doch spätestens nach dem ersten Kapitel wird den Teilnehmern mulmig zumute: Die Patientenakte ließt sich eher wie ein gruseliger Thriller und befasst sich mit einem mysteriösen Mann, den die Presse nur den Seelenbrecher getauft hat.
Die Kritik und das Unverständnis über dieses Experimentes bei den Probanden wird größer und schließlich bleibt nur noch ein junges Paar übrig, das sich, wenn auch mit einem komischen Gefühl, an das Lesen dieser ungewöhnlichen Patientenakte macht. Und mit ihnen der Leser des Buches selbst.
Ein Kampf ums Überleben
Aus Sicht des mysteriösen Patienten einer Luxusklinik namens Caspar beginnt Fitzek seine eigentliche Erzählung. Caspar leidet unter einer totalen Amnesie. Niemand weiß, wer er wirklich ist und er trug auch keinerlei Personalien bei sich, als man ihn zusammen mit seinem Hund in der Nähe der Klinik liegend gefunden hatte.
Das einzige, was ihm einen möglichen Rückschluss über seine ungewisse Identität gibt, sind seltsame Visionen, die er nicht richtig deuten kann. Außer dem Personal sind noch zwei andere Patienten in der privaten Klinik: Linus, ein ehemaliger Musiker, der völlig verwirrt in einer eigens ausgedachten Sprache kommuniziert und die alte Dame Greta, die ein Faible für Rätsel hat und gespannt die Meldungen im Fernsehen über den Seelenbrecher verfolgt, dessen letztes Opfer erst kürzlich vestorben ist. Am Abend vor Weihnachten wird dann ein weiterer Patient eingeliefert.
Als der Leser noch mitten dabei ist, die Hauptcharactere kennenzulernen und über die Bedeutung Caspars seltsamer Visionen zu rätseln, schneidet ein Schneesturm die Klinik völlig von der Außenwelt ab. Plötzlich kommt der begründete Verdacht auf, dass es sich bei dem neuen Patienten um den berüchtigten Seelenbrecher handelt und es folgt eine Nacht, in der es einzig und allein ums Überleben geht.
Fazit
Auch bei „Der Seelenbrecher“ bleibt Fitzek seiner gewohnten Linie treu. So werfen sich auch in dieser Geschichte immer wieder neue Fragen auf und wer denkt eine Antwort gefunden zu haben, wird meist nur wenige Seiten später getäuscht. Durch kurze Kapitel und schnelle Szenenwechsel, an deren Ende Fitzek mit seinen plötzlichen Wendungen den Leser zum Weiterlesen motiviert, treibt Fitzek den Leser wie gewohnt mit einem hohen Erzähltempo durch das Buch.
Fast jedes Kapitel endet so spannend, dass man einfach weiterlesen muss. Sprachlich merkt man zudem deutlich, wie sich Fitzeks flüssiger Schreibstil weiterentwickelt hat. Im Gegenteil zu vielen anderen Autoren verzichtet er auf die Streckung seiner Geschichte durch endlos lange und meist überflüssige Passagen, nur um eine hohe Seitenzahl zu erreichen und dies wird wieder einmal mehr belohnt – man möchte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, denn es geht in der Handlung Schlag auf Schlag.
Die Idee von Fitzek, diese Patientenakte von zwei Probanden lesen zu lassen, hätte wohl besser nicht sein können. Durch wiederkehrende Einblicke in deren Überlegungen, werden Fragen geklärt, die sich auch dem Leser des Buches zwangsläufig stellen mussten. Der Leser fühlt sich so, als wäre er einer von ihnen und würde gemeinsam mit ihnen nach der Lösung des Rätsels suchen.
Dabei bleibt – fast schon typisch für die Romane von Sebastian Fitzek – das Ende bis zum furiosen Finale undurchschaubar, da auch die Patienten in der Klinik sich gegenseitig verdächtigen und das Misstrauen wächst. Und so stellt man sich immer wieder die Frage: Was ist Fiktion, was Realität? Wer ist hier der Gute, und wer verbirgt ein dunkles Geheimnis? Wer ist wirklich der Seelenbrecher? Und natürlich: Was hat es mit Caspars Vergangenheit auf sich?
Fitzek in Bestform
Sebastian Fitzek ist mit „Der Seelenbrecher“ zudem wieder einmal mehr ein Psychothriller gelungen, der nicht mit dem Ende der Geschichte endet sondern noch lange nachhallt. Es ist des weiteren eindeutig seine grausigste. Lediglich ein paar arge Strapazierung des Zufalls in der Geschichte lassen diesen Thriller der Extraklasse ein paar Prozentpunkte einbüßen. Aber nichts desto trotz:
Wer auf rasante und mysteriöse Psychothriller steht, wer wirklich mal ein Buch mit Spannung von der ersten bis zur letzten Seite lesen möchte, wird den Kauf dieses Buches nicht bereuen. Garantiert!
Sehr schöne Rezension! Macht Lust auf das Buch und verrät trotzdem nicht zuviel. Gut gemacht!
Als Sachbuchautor muss ich Berge von Non-fiction-Büchern lesen, komme kaum dazu, fiction zu genießen. Ihre Rezension klang so vielversprechend, dass ich mir den Seelenbrecher kaufte. Am Wochenende habe ich ihn in einem Rutsch durchgelesen. Ich bin begeistert.
Meinen herzlichsten Dank für die vorzügliche Rezension, die dem rezensierten Werk voll und ganz gerecht wird. Der Rezensent hat das besprochene Werk offensichtlich gründlich gelesen und eine fach- und sachkundige Buchbesprechung geschrieben.
Solche Rezensionen findet man leider zu selten… solch hilfreiche Rezensionen freuen den Bücherfreund, machen sie doch die Qual der Wahl eines guten Buches sehr viel einfacher.
Ein herzliches Dankeschön für die Rezension!