QUERDENKENDER ROCKPOET!
Der Musiker:
Seit seinem Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ zählt Heinz Rudolf Kunze zu den beständigsten deutschsprachigen Musikern. Zwar hat er es nie geschafft Stadien zu füllen, wie die Kollegen Grönemeyer oder Westernhagen, jedoch kann er sich auf eine treue Fangemeinde verlassen, die ihn seit 30 Jahren begleitet. In dieser Zeit hat Heinz Rudolf Kunze einen beachtlichen Output von Studio- und Livealben erschaffen und sich auch als Musicalübersetzter („Miss Saigon“) und Literat („Vor Gebrauch Schütteln“) einen Namen gemacht.
Das Album:
Mit „Deutschland“ legt Heinz Rudolf Kunze das 25.Studioalbum seiner Karriere vor. Dabei lässt sich HRK kaum in eine Schublade stecken. Immer wieder wechselt und kombiniert er Musikrichtungen und kommentiert mit spitzer Feder und scharfer Zunge. Nach eher schwächeren Alben zu Beginn des neuen Jahrtausends, war schon sein letztes Werk „Stein vom Herzen“ ein toller Schritt in Richtung des alten Kunzes (was immer man darunter verstehen mag).
Diesen Weg geht er auf „Deutschland“ konsequent weiter. Wer Kunze für seine eher ins schlagerhaft gehenden Songs wie „Finden Sie Mabel“ oder „Dein ist mein ganzes Herz“ liebt (die ich immer noch großartig finde) wird sich mit diesem Album schwer tun. Wer jedoch Kunze in Gänze mag und kein Problem damit hat, dass er nicht das macht, was die Masse oder der Markt von ihm erwarten, wird hier erneut ein kleines Juwel finden.
Es ist wirklich erstaunlich, was HRK sowohl in musikalischer, als auch textlicher Hinsicht bietet. Eine klassische Bluesnummer („Es ist in ihm drin“) eröffnet das Album. Über eine richtige Rocknummer („Immer noch besser als arbeiten“), Countryanleihen („Setz dich hin“) bis hin zu Funkelementen („Deutschland“) grast Kunze ein breites Spektrum ab. Dabei gibt es wenige radiotaugliche Ohrenschmeichler, die gleich beim ersten Mal haften bleiben. Von „Das Paradies ist hier“ und „Mund-zu-Mund-Beatmung“ abgesehen, brauchen die Songs ein paar Durchgänge, um wirklich im Gedächtnis zu bleiben.
Auch textlich muss man sich mit den Songs auseinandersetzen. Einmal mehr gibt Kunze den scharfzüngigen Literaten. Politisch angehauchte Songs wie „Jeder bete für sich allein“ oder „Deutschland“ werden sicher für Diskussionsstoff sorgen. Doch Kunze kann, will und macht mehr. Er entpuppt sich als Geschichtenerzähler („In der alten Picardie“), ist einmal mehr der Verfasser herrlicher Liebesbotschaften („Setz dich her“) oder versucht auch die humorvoll-bissigen Töne nicht zu kurz kommen zu lassen („Auf meine Mutter“).
Wer HRK im Allgemeinen und dieses Album im Speziellen genießen will, sollte unbedingt zur Premium Edition greifen. Hier bekommt man ein hochwertiges Booklet mit vielen Fotos und zwanzig unveröffentlichten Texten, die zeigen, dass Kunze sich auch auf diesem Parkett mühelos bewegen kann. Das Highlight ist aber die Bonus-CD, die acht Livetracks seiner Einstimmig-Konzerte beinhaltet. Dabei handelt es sich um Auftritte, in den Kunze allein am Klavier oder auf der Gitarre seine Titel darbietet. Und die hier veröffentlichten Titel zählen sicher zur Quintessenz dessen, was HRK bisher erschaffen hat.
Trackliste CD 01:
01 – Es ist in ihm drin
02 – Zu früh für den Regen
03 – In der alten Picardie
04 – Nur eine Fotographie
05 – Das Paradies ist hier
06 – Jeder bete für sich allein
07 – Setz dich her
08 – Mund-zu-Mund-Beatmung
09 – Immer noch besser als arbeiten
10 – Deutschland
11 – Die Letzten unserer Art
12 – Auf meine Mutter
13 – Ich möchte anders sein
14 – Ein fauler Trick
Trackliste CD 02:
01 – Folgen Sie mir weiter (Einstimmig Live)
02 – Leg nicht auf (Einstimmig Live)
03 – Das Ultimatum (Einstimmig Live)
04 – Aller Herren Länder (Einstimmig Live)
05 – Alles gelogen (Einstimmig Live)
06 – Brille (Einstimmig Live)
07 – Abschied muss man üben (Einstimmig Live)
08 – Elixier (Einstimmig Live)
Fazit:
Seit seinem Album „Dein ist mein ganzes Herz“ im Jahr 1985 verfolge ich intensiv das Schaffen von HRK. Ich habe ihn unzählige Male live erlebt und ihn auch persönlich kennengelernt. Seine Alben habe ich dabei immer sehr kritisch verfolgt. Mit „Deutschland“ legt er ein Werk vor, dass sicherlich im oberen Drittel seiner Diskografie anzusiedeln ist. Wer sich auf Kunze einlässt, bekommt hier ein abwechslungsreiches Album mit zum Teil sehr guten Texten. Allerdings verlangt es, dass man sich Zeit und Ruhe nimmt. Eine Fähigkeit, die beim heutigen Musikkonsum oft verloren gegangen ist.