Die Spur auf dem Steg von Lars Rambe
Inhalt
Journalisten träumen immer davon, mit ihren Artikeln eine möglichst große Wirkung zu erzielen. Mit der ersten Folge einer historischen Artikelserie eine Welle von Ereignissen in Gang zu setzen, die am Ende sogar zur Aufklärung eines vor 40 Jahren begangenen Doppelmordes führt, ist da schon kaum vorstellbar. Zumal durch den Artikel auch neue Gewalttaten ausgelöst oder zumindest begünstigt werden. An all das denkt Fredrik Gransjö zunächst nicht. Der erfolgreiche Kriminalreporter hat sich aus der Hauptstadt Stockholm mit Ehefrau und Tochter in die Provinzstadt Strängnäs zurückgezogen, um seinem Privatleben eine bessere Chance zu geben.
Überraschender Widerstand
Der Chefredakteur leiert Fredrik eine Artikelserie über das örtliche Irrenhaus und seine wechselvolle Geschichte aus dem Kreuz, die er in aller Ruhe schreiben möchte. Bei einer Redaktionssitzung bietet er an, mit der Serie über das bereits vor Jahren geschlossene Irrenhaus namens „Sundby Sjukhus“ zu beginnen. Den meisten Kollegen ist das Thema völlig egal, wenige signalisieren Zustimmung. Aber eine erfahrene, alteingesessene Journalistin leistet überraschend erbitterten Widerstand. Da Fredrik jedoch bereits die Zustimmung des Chefredakteurs hat, kann er mit seinen Recherchen im Archiv der Zeitung beginnen.
War der Irre wirklich der Mörder?
Gransjö stößt bei seiner Lektüre auf einen hochinteressanten Vorfall im Umfeld der Irrenanstalt – einen vermeintlichen Doppelmord aus dem Jahr 1965. Zwei Eisleichen wurden unweit der Einrichtung gefunden, die zu Lebzeiten scheinbar nichts miteinander zu tun hatten. Vor 40 Jahren legten die Ermittler der örtlichen Kriminalpolizei den Fall zu den Akten. Die Schuld am Tot der jungen Frau wurde dem entwichenen Insassen der Irrenanstalt gegeben, der ebenfalls ums Leben kam – beide Toten hatten schwere Kopfverletzungen. Deshalb waren damals keineswegs alle Polizisten von der Schuld des Irren überzeugt. Es gab jedoch einigen Druck aus der örtlichen Militärführung auf die Polizeispitze, um den mit dem Fall befassten, zweifelnden Inspektor zur Aufgabe seiner Ermittlungen zu zwingen. Die Ermordete war mit einem jungen Offizier liiert, den man offenbar aus den Ermittlungen heraus halten wollte.
Altes Unrecht soll gesühnt werden
Spätestens an dieser Stelle hat Lars Rambe seine Leser oder Hörer gepackt – und die Geschichte lässt sie nicht mehr los. Alte Wunden brechen auf, böse Geister regen sich, altes Unrecht soll offenbar gesühnt werden. Es kommt zu einem neuen Mord, der allem Anschein nach mit dem Vorfall in der 60er Jahren eng verknüpft ist. Polizei und Presse recherchieren getrennt und auch gemeinsam, und fördern erstaunliches zu Tage. Scheinbar honorige Geschäftsleute sind in den Fall verwickelt – und das aktuelle Mordopfer ist der damalige Verlobte der getöteten jungen Frau. Polizei und Journalisten kommen der Lösung des neuen – und alten – Rätsels immer näher. Fredrik Gransjö recherchiert so erfolgreich, dass die Täter seine Familie bedrohen, um ihn zu stoppen.
Fazit
Lars Rambe, im „Normalberuf“ Rechtsanwalt, ist mit seinem ersten Roman ein bemerkenswertes Debüt gelungen. Er setzt Rückblenden auf die Ereignisse vor 40 Jahren genau an den richtigen Stellen ein. Ansonsten versteht es der Autor, die Leser oder Hörer geschickt an den Ermittlungen von Polizei und Presse teilhaben zu lassen. Zwischendurch eingeblendete neue Ereignisse sorgen dafür, dass der rote Faden trotz der vielen Personen und einiger falscher Spuren nicht verloren geht.
Kleinere Missgeschicke machen Fredrik Gransjö zu einem sympathischen Helden, und auch die ermittelnden Polizisten werden durch handwerkliche Pannen davor bewahrt, zu Über-Polizisten zu mutieren. Das Buch ist eine lange Geschichte, wird dabei aber nie langweilig, weil es immer neue Informationshäppchen gibt, und sich das Gesamtmosaik der Ereignisse in Vergangenheit und Gegenwart nur langsam und eben stückweise zusammenfügt. Das furiose und durchaus blutige Finale knüpft alle losen Fäden zusammen und beantwortet schließlich auch die letzten offenen Fragen. Und am Ende freut man sich schon auf das nächste Werk aus der Feder dieses begabten Autors.