Helga Tiscenko: Erdbeeren mit dem Führer
Helga Tiscenko gibt ihren Memoiren zwei Untertitel bei, die beschreiben, um was es hier geht: „Erinnerungen der Tochter eines SS-Offiziers“ und „Eine Reise aus Hitlers Drittem Reich ans andere Ende der Welt“, das andere Ende meint hier Neuseeland.
Inhalt
Helga Höfle ist die Tochter des SS-Obergruppenführers sowie General der Waffen-SS und Polizei, der ab September 1944 als höherer SS- und Polizeiführer in der Slowakei tätig war. Er ist nicht zu verwechseln mit dem österreichischen SS-Sturmbannführer Hermann Höfle, der maßgeblich an der Judenverfolgung beteiligt war. Dieser Hermman Höfle ist in den Augen seiner Tochter Helga ein integrer Militär, der verführt wurde vom Nationalsozialismus – immerhin trat er erst spät und auf ausdrücklichen Wunsch Himmlers der SS bei – und diesen Fehler mit dem Leben bezahlte, er wurde 1947 in Bratislava hingerichtet.
Inwieweit Höfle in die Machenschaften der SS verstrickt war, mag dahin gestellt sein, ob er wirklich ein so integrer Mensch war, wie ihn seine Tochter sieht, kann der Leser dieser Biographie nicht klären. Interessant ist es auf jeden Fall, die Erinnerungen der Tochter nachzulesen, die beschreibt, wie ungemein normal das Leben in einem großbürgerlichen Haushalt zu dieser Zeit war, bis der verlorene Krieg alles änderte. Helga heiratet nach dem Krieg ausgerechnet einen Russen, wenn auch einen staatenlosen Antikommunisten.
Eine Deutsche und ein Russe, nicht die beliebtesten Nationalitäten Ende der 40er Jahre. Ein neues Zuhause und eine Zukunft fand die Familie in Neuseeland. Helga Tiscenko beschreibt die Zeit des Anfangs als Pioniere, das Eingewöhnen in das fremde Land und den langsamen Aufstieg zu geachteten Bürgern mit gutem Auskommen.
Fazit
Die Memoiren von Helga Tiscenko bestehen aus den beiden Teilen, die die Untertitel beschreiben. An deutscher Geschichte Interessierten ist der erste Teil ungleich interessanter als der zweite, der eine „normale“ Einwanderergeschichte beschreibt. Wie lebte es sich als Kind bekennender NSDAP-Eltern und Tochter eines hohen SS-Generals.
Literarisch gibt das Buch nicht viel her, es ist geradlinig erzählt, erinnert manchmal an einen Schulaufsatz der höheren Klassen. Als ein Bericht über ein deutsches Lebensschicksal ist das Buch aber durchaus lesenswert. Ein wenig verunsichert den Leser die Erläuterungen zu Ereignissen des zweiten Weltkrieges, die jeder eigentlich kennt, aber das erklärt sich aus der Tatsache, dass dieses Buch in Englisch geschrieben wurde und in Neuseeland erschien.
Wir haben es hier tatsächlich mit einer Übersetzung aus dem neuseeländischen Englisch zu tun, eigentlich eine typische Volte, ein Salto, den viele Schicksale aus dieser Zeit aufweisen. Einige Bilder aus Familienbesitz illustrieren das Erzählte. Die titelgebende Episode hat es wirklich gegeben, das Kind Helga, geboren 1929, isst mit Adolf Hitler Erdbeeren mit Vanilleeis.