Frankenstein

Frankenstein“ von Mary Shelley ist ein Klassiker der Weltliteratur. Die Rede ist oft vom berühmtesten Schauerroman der Weltliteratur. Doch wer hat dieses Buch tatsächlich gelesen und denkt bei dem Wort Frankenstein nicht nur an eine Filmfigur mit einem Nagel im Schädel? Der Deutsche Taschenbuch Verlag hat kürzlich eine Neuübersetzung der unzensierten Version veröffentlicht. Und diese ist eine Entdeckung wert.

Als Leser sollte man sich immer erinnern, dass dieses Werk im Jahr 1818 verfasst bzw. veröffentlicht wurde. Und dann noch von einer Frau. In der damaligen Zeit war dies außerordentlich. Aus diesem Grunde erfolgte die erste Publikation auch anonym. So genannte Experten nahmen an, dass der Ehemann von Mary Shelley der Autor war. Da es sich um eine Art Schöpfungsgeschichte handelte, gab es natürlich einen Skandal. Einige bigotte Herrschaften sprachen von einem Teufelswerk. Ein Erfolg wurde Frankenstein dennoch. Nur wenige Jahre später gab es eine erste Theateraufführung.

Das Konstrukt des Romans ist ungewöhnlich. Erzählt wird die Geschichte in einer Geschichte, die wiederum eine andere Geschichte erzählt. Es klingt komplizierter als es ist. Mittels Briefen übermittelt eine Person die unglaubliche Geschichte seines zufällig in der Arktis getroffenen Bekannten Dr.Frankenstein an seine Schwester. Dieser Bericht beinhaltet allerdings in einem Kapitel sogar eine direkte Erzählung aus dem Munde des Frankenstein-Monsters. Es ist letztlich auch eine Geschichte über einen Gott. Der Schöpfer hasst seine Schöpfung – ein Monster, das er aus Leichenteilen zusammenbastelte und zum Leben erweckte –  und fürchtet sich vor ihr. Dieses Geschöpf hat seinen Bruder getötet und später auch seine geliebte Frau.

Dieses Buch hat nichts zu tun mit den unzähligen, teils grausigen, teils grausam schlechten Verfilmungen. Es ist ähnlich wie im Falle von Bram Stockers Dracula. Dieser Roman ist auch eher Liebesgeschichte als Horrorstory. Frankenstein ist allerdings tiefgründiger. Aus heutiger Sicht erscheint bei der Lektüre allerdings so Manches unlogisch. Und die Erweckung eines neuen Geschöpfs aus Menschenteilen, das sich als hochintelligent erweist, ist noch am wenigsten irreal. Dass das Monster schnell lernt, ist eine Sache, dass es aber immer genau dort auftaucht, wo es nötig ist – und die Rede ist von Orten in aller Welt – und dabei immer unentdeckt bleibt, würde, wäre der Roman in der Gegenwart gänzlich neu verfasst worden,  schwer durch ein Lektorat zu bekommen.

Das Monster müsste telepathische Fähigkeiten besitzen, was eventuell möglich wäre in solch einer Geschichte. Aber dass zum Beispiel Eisschollen genau zum richtigen Zeitpunkt zu dem Ort treiben, an dem der Schöpfer im Sterben liegt, mag man etwas weit hergeholt nennen.  Dies alles ist nicht als Grundsatzkritik zu verstehen. „Frankenstein“ von Mary Shelley ist ein toller Roman, den jeder Freund von Horrorstorys einmal gelesen haben muss. Wie sehr das Filmmonster Frankenstein in unseren Köpfen ist, ist fast schon erschreckend. Eine originalgetreue Verfilmung hat es bis dato allerdings gar nicht gegeben.

Fazit: „Frankenstein“ von Mary Shelley ist eine Entdeckung wert, vor allem für Leser, die sich zum einen für Weltliteratur interessieren und zum anderen für Horrorgeschichten. Interessant sind im Anhang Kritiken aus der Mitte des 19.Jahrhunderts und auch eine Erläuterung der Autorin, wie sie zu der Idee dieser Geschichte kam. Dieser Bonus macht die Neuauflage bei dtv nur noch lesenswerter.

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