Giftzwerge

Thomas Bergmann: Giftzwerge

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt“. Diese Erfahrung hat schon so mancher machen müssen. Doch die meisten ballen einfach die Faust in der Hosentasche, und dabei bleibt es auch. Aber es geht auch anders: Der Streit um Rasenhöhe oder „Maschendrahtzäune“ eskaliert. Dann werden harmlose Mitbürger zu wutschnaubenden Berserkern, denen es natürlich grundsätzlich nur ums „Prinzip“ geht, aber dafür Rechtsanwälte verschleißen und Gerichte beschäftigen.

Gesucht: Streitende Nachbarn

Thomas Bergmann ist ARD-Journalist und hat per Zeitungsannonce Menschen gesucht, die Ärger mit ihren Nachbarn haben, und dies aktenkundig wurde. Er war wohl selber überrascht, welche Resonanz er bekam. Da ist der Prof. Dr. Reinhardt J. , der sein Eigenheim mit Selbstschutzanlagen sichert, oder der 68jährige Halter eines „Terroraffens“, dessen Schützling durch seine wilden Schreie die Nachbarn außer Rand und Band bringt. Erwähnenswert ist auch die Rentnerin, die auf das Dach der Nachbarin klettert, oder die beunruhigte Frau Dr. W., die durch ein mysteriöses Klopfen an der Wand nicht nur in ihrer Nachtruhe gestört wird.

Vom Hundegebell bis zum Zwergenkrieg

Der Autor beschreibt satirisch, und in der Tat ist es eine Realsatire, was sich unter deutschen Dächern und hinter Gartenzäunen und Palisaden alltäglich abspielt. Es ist nicht mehr rational nachvollziehbar, wie Hundegebell und Heckenhöhen es bis vor den Bundesgerichtshof schaffen. Und auch die obligatorischen Gartenzwerge dürfen nicht fehlen. So fühlt sich Elsbeth Emma G. , bezeichnenderweise auch noch beim Katastrophenschutz beschäftigt, durch das „aggressive Rot der Zipfelmützen“ bedrängt. Nach 4 Jahren siegt sie im „Zwergekrieg“, das zuständige Oberlandesgericht gibt ihr Recht. Doch der Fall beginnt hier erst: Es finden Solidaritätsbeurkundungen statt, „Protestwichtel“ werden aufgestellt, sogar eine Demonstration soll es gegeben haben. Antwort: 100 Klagen. Die armen Zwerge.

Fazit

Thomas Bergmann hat für seine TV-Doku über Nachbarschaftskriege den Hessischen Filmpreis bekommen. Das vorliegende Buch ist die gelungene publizistische Umsetzung. Erstaunlich gut lesbar, jeder kann sich in den ganz normalen Wahnsinn einfühlen. Und es bleibt die Hoffnung, niemals solche Nachbarn zu haben, wie dort beschrieben.

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