Herzklopfen heißt das Spiel

Herzklopfen heißt das Spiel von Wang Shuo

Inhalt
Der Ich-Erzähler Fang Yan gerät in Wang Shuos Roman „Herzklopfen heißt das Spiel“ gleich zu Anfang in eine prekäre Lage: Als er mit einem Mädchen, das er gerade erst kennengelernt hat, seine Wohnung betritt, wird er dort  von Gesetzeshütern erwartet. Fang Yan erfährt, dass nach mehr als zehn Jahren der mehr oder minder intensiven Suche nach seinem entfernten Bekannten Gao Yang plötzlich dessen Leiche aufgetaucht ist. Und angeblich war Fang Yan der Letzte, mit dem das Opfer zu Lebzeiten gesprochen hat.

Fang Yan wird natürlich sofort verdächtigt, für das Schicksal Gao Yangs verantwortlich zu sein, und seinen Bekannten selbst „ins Jenseits befördert“ zu haben. Nun ist für Fang Yan guter Rat teuer: Die Bekannten, mit denen er damals gemeinsam mit Gao Yang unterwegs war, kennt Fang Yan mittlerweile nur noch flüchtig, und auch seine Erinnerungen an die Zeit vor 10 Jahren sind bereits verblasst. Fang Yan zermartert sich das Hirn, um die schemenhaften Erinnerungen an seine Vergangenheit, eine Vergangenheit voller Sauf- und Fressgelage, in einen Zusammenhang zu bringen. Doch seine Bemühungen sind nicht von Erfolg gekrönt, und schon bald muss er erkennen, dass er zu einem Opfer seiner eigenen Vergangenheit geworden ist und nur eine kleine Rolle in einem gefährlichen Spiel mitspielt…

Ein schonungsloser „Ganovenroman“, der einige Facetten des neu-kapitalistischen Chinas eindrucksvoll umreisst
In China gelten alle Erzählungen und Romane von Wang Shuo als „Straßenfeger“. Die Auflagen seiner Werke sind beispiellos in der Geschichte des modernen China, und seit den 90er Jahren erfreuen sich die Erzählungen und Romane von Wang Shuo auch in der westlichen Welt einer wachsenden Beliebtheit, Mitte bis Ende der 90er Jahre gab es um Wang Shuo einen regelrechten Medienrummel, wobei die meisten seiner Romane von der Kritik begeistert aufgenommen wurden. Dies liegt sicher vor allem daran, dass die Protagonisten in Shuos Werken „normale“ Menschen mit ebenso „normalen“ Hintergründen, Handlungsmotiven und Lebensperspektiven sind, die somit immer wieder auch als Identifikationsfiguren dienen, und fast jeder Leser wird wohl auch in einer der Figuren in „Herzklopfen heißt das Spiel“ ein Stück seiner eigenen Persönlichkeit wiedererkennen.

Die Figuren in „Herzklopfen heißt das Spiel“ sind mit der Regierungspropaganda und den hehren Werten des Sozialismus schon lange nicht mehr zu beeindrucken, und ein jeder von ihnen hat sich im „neuen China“ mehr oder weniger gut eingerichtet. Die einen halten sich dort mit Betrügereien über Wasser, die anderen verschieben Waren, und zahlreiche der weiblichen Protagonisten lassen sich von gefühlskalten Männern „aushalten“.

Die Handlung in Shuos Roman ist deutlich anders angelegt, als dies in „westlichen Romanen“ üblich ist – zwischen verschiedenen Zeiten wird hin- und hergesprungen, und dabei fällt es dem Leser nicht immer leicht, zu unterscheiden, wann die erzählten Ereignisse stattgefunden haben, und ob Sie der Hauptprotagonist Fang Yan nur geträumt hat, oder ob Sie auch tatsächlich geschehen sind. Dies ist ein wichtiges Stilmittel in „Herzklopfen heißt das Spiel“, welches zahlreiche unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten zulässt, dennoch behindert es (leider) mitunter den Lesefluss.

Fazit
Wang Shuos Veröffentlichungen erreichen in China regelmäßig astronomische Auflagenzahlen, und schon mit 34 Jahren konnte Shuo in Peking eine Gesamtausgabe veröffentlichen, die bereits nach kurzer Zeit vergriffen war. Meist wurden seine Romane von der Kritik begeistert aufgenommen, einige seiner Bücher, so auch „Herzklopfen heißt das Spiel“ wurden jedoch von einigen Kritikern mit der Bezeichnung „zu Unrecht gehyped“ tituliert. So ist „Herzklopfen heißt das Spiel“ sicher auch kein schlechter Roman, dennoch ist es offensichtlich, dass durch die Übersetzung viele stilistische und inhaltliche Feinheiten verloren gehen, und der mitteleuropäische Leser wird viele kulturelle Eigenheiten, die in diesem Roman geschildert und parodiert werden, nur schwer nachvollziehen können.

Für sehr Asien-affine Leser und solche, die vielleicht schon einige Jahre in China verbracht haben, wird der Roman deshalb wohl auch besser geeignet sein, als für Leser, die die asiatische Kultur bzw. chinesische Kultur bisher nur aus der Schule bzw. aus Erzählungen kennen. Insgesamt ist „Herzklopfen heißt das Spiel“ somit ein relativ kurzweiliger Krimi, der jedoch nicht immer leicht zu lesen ist. Der „Durchschnitts-Leser“ greift deshalb wohl besser zu einem klassischen amerikanischen oder europäischen Kriminal- und Gesellschaftsroman.

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