Hochsaison von Jörg Maurer
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Seit ein großer Privatsender die Live-Übertragungen der Vier-Schanzen-Tournee unter seine Fittiche genommen hat, ist Skispringen wirklich angesagt. Und um die olympischen Winterspiele wird auch jeweils ein Riesen-Hype gemacht, wie wir jetzt in Kanada wieder erlebt haben. Da ist eine Bewerbung um die Austragung dieser Spiele ein Wirtschaftsfaktor höchster Wichtigkeit. Und genau das nimmt Jörg Maurer zum Ausgangspunkt für seinen fulminanten Alpen-Krimi „Hochsaison“.
Däne stürzt spektakulär ab
Das Neujahrsspringen zieht viele tausend Menschen an, und auch die VIP-Lounge ist prall gefüllt. Der Name Garmisch-Patenkirchen fällt nicht, aber dass der Autor die Handlung in seinem Heimatort angesiedelt hat, wird durch seine profunde Kenntnis aller Lokalitäten überaus deutlich. Und beim Neujahrsspringen im alpenländischen Kurort stürzt ein dänischer Skispringer schwer – und das, wo doch Olympia-Funktionäre zur Vergabe zukünftiger Winterspiele zuschauen.
Jacques Rogge ist das Ziel
Wurde der Athlet etwa beschossen? Die Ermittlergruppe um Kommissar Hubertus Jennerwein findet auf dem Schanzen-Gelände zahlreiche Patronen, aber alle sind alt und kommen nicht in Frage. Ausgerechnet in einem Gipfelbuch werden per Bekennerbrief weitere Anschläge angedroht, die Volksseele kocht, die Gerüchteküche brodelt. Dabei hat der Anschlag auf den Dänen nichts mit den Briefen des „Marders“, wie die Kriminalisten den vermeintlichen Täter nennen, zu tun.
Vielmehr ist ein Killertrio aus dem chinesischen Chayoang angereist, um IOC-Präsident Jacques Rogge die Botschaft zu vermitteln, dass man ihn überall erwischen könne. Rogge soll dafür sorgen, dass die Winterolympiade 2018 in Chayoang stattfindet. Der Laserschuss auf den Dänen war nur Ablenkung, aber der eigentlich Coup in der VIP-Lounge wurde von einem arabischen Leibwächter vereitelt. Und so wissen die Hörer/Leser von Beginn an, wer hinter den Anschlägen steckt. Das Killerpärchen Shan und Wong – der dritte Mann ist seinen Verletzungen nach dem Schuss des Arabers erlegen – schmiedet weitere Pläne. Dabei kommt ihnen der „Marder“ mit seinen skurrilen Aktivitäten in die Quere und schließlich „vor das Messer“.
Lachmuskeln werden strapaziert
Bis zum überraschenden und durchaus dramatischen Finale werden die Lachmuskeln der Hörer/Leser heftig strapaziert, ohne dass die Handlung ins Lächerliche abgleitet. Vielmehr nutzt Jörg Maurer seine bayrische Sprachgewalt, um Absurditäten, ironische und satirische Seitenhiebe und nette Nebenhandlungen in schneller Folge aneinander zu reihen. Allerdings ist der Roman nicht nur komisch, sondern auch spannend und dramatisch, also schon ein Kriminalroman, und keine Kriminalkomödie. Aber Maurer teilt dabei aus, wie es wohl nur ein Bajuware kann, der seine Landsleute und ihre besondere Gemütsverfassung kräftig auf die Schippe nimmt.
Da gibt es den „Fischer Beppi“, ein Original aus dem Werdenfelser Land, der „Highway to hell“ auf seiner Zither für Rogge und dessen Gäste spielt. Ehrgeizige und intrigante Kommunalpolitiker kriegen ihr Fett ebenso ab wie die Event-Branche, die Nachwuchsmanagern scheinbar gefährliches Überlebenstraining in zerklüfteten Bergen bietet – und dabei so manche Karriere beerdigt.
Spritzige und originelle Dialoge
Und dann sind da die Ermittler um Hubertus Jennerwein, die ernsthaft und professionell an den mysteriösen Fällen arbeiten. Spritzige und originelle Dialoge machen aus den Polizisten allerdings keine Komödianten, sondern sorgen eben für eine herrliche Überspitzung des Alltäglichen. Für viel Schmunzeln sorgt auch, wenn der Autor diverse Zitate und Klischees aus Film und Literatur einbaut und verballhornt. Maurer hat die komplette Palette der modernen Unterhaltungsindustrie in Petto, Methoden von CSI und anderen Bildschirm-Kriminalen werden eingesetzt oder persifliert. Die „Großkopferten“ wie der Bajuware jedweden Entscheidungsträger tituliert, bekommen ebenfalls kräftig ihr Fett ab.
Fazit
„Hochsaison“ ist Satire und spannender Thriller in einem. Das Hörbuch bezieht seinen besonderen Reiz aus der Lesekunst des Autors, der sein bajuwarisches Idiom nicht pflegt, aber auch nicht verleugnet. Die Einheimischen kann Maurer natürlich besser zu Wort kommen lassen als jeder „Preuße“. Die Gags, Nebenepisoden und Betrachtungen am Rande, die Jörg Maurer gekonnt in die Handlung einbaut, machen das Werk zu einem ebenso spannenden wie amüsanten Hörgenuss.