Ana Paula Maia: Krieg der Bastarde
Inhalt
Es scheint ein in Brasilien verbreiteter Traum zu sein: Man findet eine größere Menge Kokain und glaubt, alle Geldsorgen seien damit erledigt. Gleich zwei brasilianische Romane, die 2013 erschienen sind, gehen von dieser Konstellation aus. Im Leichendieb von Patricia Melo liefert ein abgestürztes Kurierflugzeug das Äquivalent von „ganz viel Geld“, in Ana Paula Maias Krieg der Bastarde erlebt der Lauscher hinter der Tür, wie der Drogenboss an einem Herzinfarkt verstirbt, sein ihn aufregender Kontrahent wurde kurz zuvor vom Boss erschossen – und unser Lauscher kann nun zwischen den beiden Leichen die Tasche mit dem Koks einfach an sich nehmen. So weit so gut. Das ist aber nicht der Anfang von ganz viel Geld und sorgenfreiem Luxusleben, denn jetzt fangen die Probleme eigentlich erst an. Und im nun folgenden Verwirrspiel lässt Ana Paula Maia eine Reihe ziemlich schräger Gestalten und unerwarteter Wendungen folgen. Dass unser Dieb sein Koks ausgerechnet an dessen wahren Eigentümer zurückverkauft, sein Geld aber nicht mehr genießen kann, ist erst der Anfang. Wo ist der Dieb hin? Alle suchen ihn. Und wo ist das Geld? Es treten auf: Eine Regisseurin, die ein Geheimversteck an ihrem Körper hat, alles, was niemand sehen soll, transportiert sie in ihrer hohlen Beinprothese. Zwei Auftragskiller, die in einem alten Auto mit plastiküberzogenen Sitzen durch die Stadt fahren, denn „Blut versaut alles“ und dabei einer Kassette mit dem Knistern Schweizer Kaminfeuer lauschen. Weiter eine Pornodarstellerin, die aus diversen Körperöffnungen brennende Kugeln herausfeuern kann. Ein Kameramann, dem sie mit ihrer Kunst das Auge verletzt. Eine Boxerin mit Drachentattoo, ein misanthropischer Italiener, ein junger Mann, der die singende Säge spielt und als ob dieses Panoptikum noch nicht ausreichen würde, gibt es auch noch diverse seltsame Tiere: eine bissige Ratte, kackende Tauben und ein Chihuahua mit seltsamem Appetit auf Nichtverdaubares, der unter Verstopfung leidet.
Amadeu, der Dieb, der einen Rest des Kokains und das erlöste Geld gut versteckt hat, wird überfahren und stirbt. Seine Freundin, die Boxerin, wollte er von ihren Schulden befreien, aber sowohl er wie auch das Geld scheint verschwunden. Der Erzähler des Romans, in dessen Armen Amadeu starb, zieht auf den taubenverseuchten Dachboden, damit in seinem Zimmer die Boxerin ein Versteck hat, die in einem illegalen Kampf einen Mann ins Koma geboxt hatte. Niemand ahnt, dass unter den Dachbodendielen ein Vermögen steckt.
Fazit
Man muss sich beim Lesen schon ein wenig konzentrieren, um den Faden nicht zu verlieren, zu aberwitzig folgt Wendung auf Wendung. Aber auch wenn die Aufzählung der Protagonisten fast wie eine Freakshow daherkommt, das Lesen macht Spaß und wer etwas mit Pulp Fiction anfangen kann, der wird Ana Paulas Roman genießen. Die Autorin soll früher in einer Punkband gespielt haben, das passt gut zu ihrem Roman, der in Brasilien auch schon verfilmt wird. Etwas punkig, etwas aberwitzig, spannend.