Léon und Louise

Alex Capus: Léon und Louise

Der Schweizer Autor Alex Capus erzählt den bewegenden Roman einer großen, dauerhaften Liebe über die Zeit zweier Weltkriege hinweg.

Inhalt

Léon lernt die burschikose Louise kennen, verliebt sich rettungslos in sie und beide verabreden sich zu ihrem ersten Ausflug an die Atlantikküste.  Léon hat eine große Liebe zum Meer, das heißt eigentlich mehr zu dem, was das Meer so alles anschwemmt. Er hatte sein Leben in Cherbourg gründlich satt. Also ließ er sich als Morseassistent nach Caen vermitteln, wo er sich in die Sekretärin des Bürgermeisters verliebt, seine Louise. Das erste Rendez-vous ist rundum gelungen, nur auf der Rückfahrt, mit ihren Rädern, werden sie vom Vormarsch der deutschen Armee überrollt. Wir schreiben das Jahr 1918. Beide werden verletzt und voneinander getrennt, beide halten einander für tot. Doch beider Leben geht weiter. Léon findet eine Anstellung in einem forensischen Labor in Paris, heiratet, wird Vater. Bis er 1928 in der Metro in Paris plötzlich Louise wiedersieht. Er erkennt sie sofort, aber wieder ist sie verschwunden und Léons unsinnige Métrofahrten führen zu nichts. Yvonne, Léons Frau, versteht, dass Léon Louise suchen muss – und dann findet er sie auch. Den beiden bleibt nur ein kurzes Wochenende, dann trennen sich ihre Wege wieder, schließlich ist Léon verheiratet und Vater von fünf Kindern.

1940 wird Frankreich von den Nazis besetzt, Léon versucht sich nicht korrumpieren zu lassen und übt sich in stiller Sabotage, die er aber aufgibt, als die Gesundheit seiner 4jährigen Tochter bedroht ist. Doch er versucht weiterhin, ehrlich und geradlinig zu bleiben, was sich letztlich auch auszahlt. Die Familie überlebt die Okkupation und die Nachkriegszeit. Auch Louise gelingt es zu überleben, als Sekretärin der französischen Staatsbank begleitete sie die Flucht eines Teils der staatlichen Goldreserven in den Senegal und wartet dort das Kriegsende ab. Yvonne, die mit hohem persönlichen Einsatz ihre Kinder sicher durch den Krieg brachte, ist jetzt, in der Nachkriegszeit, an nichts mehr wirklich interessiert, nur noch am Essen. Sie hat viel nachzuholen. Léon und Louise treffen sich immer häufiger auf Léons Boot, ihre Stelldicheins werden von Yvonne toleriert.

Erzählt wird die Geschichte dieser großen Liebe anlässlich der Beerdigung von Léon von dessen Enkel, also quasi rückwärts. Es hatte auch noch ein Happy end für das langverliebte Paar gegeben, ein besonders schönes Happy end, vielleicht eines der schönsten Happy endings aller Liebesgeschichten. Dieses besondere Ende sollte man aber selbst lesen – wie überhaupt diese besonders schöne Liebesgeschichte.

Fazit

Ein Liebesroman, aber einer, über den der literarisch Interessierte keineswegs die Nase rümpfen darf. Capus erzählt mit so einer zarten, leicht melancholischen Leichtigkeit, nichts erscheint unmöglich, jeder Zufall wahrscheinlich. Warum hat diese Liebe Bestand? Ein ganzes Leben lang? Für die meisten ist und bleibt das nur ein Traum – und Louise fragt sich das auch, warum sie immer noch Léon liebt, obwohl er doch so besonders nun auch nicht sei. Louise kann die Frage nicht beantworten. Es ist was es ist, die Liebe – sagte schon Erich Fried.

Einige Szenen des Romans sind so erzählt, dass man den Film dazu zu sehen meint. Notre Dame, Trauergottesdienst, Messe in lateinischer Sprache, so hatte sich Léon seine Beerdigung augenzwinkernd gewünscht, geradezu als letzten Tort für die Pfaffen, die er nie leiden konnte. Die Tür öffnet sich und eine kleine verschleierte Gestalt in Schwarz mit rotem Foulard stöckelt zum offenen Sarg, küsst den Toten auf die Stirn, klingelt zweimal mit einer Fahrradklingel und legt diese in den Sarg, dann stöckelt sie wieder davon – Getuschel! Oder die Gespräche Léons mit dem SS-Sicherheitschef Knochen, der Léon mit Mokka zu korrumpieren sucht, ihn bedroht, doch an Léons freundlich-glatter Oberfläche keinen Angriffspunkt findet. Christoph Waltz als SS-Mann Knochen wäre brilliant. So lange Léon und Louise jedoch nicht verfilmt wird, müssen diese Szenen im Kopfkino gespielt werden. Schon allein dafür ist es wert, diesen Roman zu lesen. Ein paar andere Gründe fielen mir aber auch noch ein, ein wunderbarer Roman.

 

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