Öl auf Wasser

Helon Habila: Öl auf Wasser

Der bereits in der englischen Ausgabe mit Preisen überhäufte Roman hat auch in der deutschen Übersetzung Preise nahezu abgeräumt, u.a. Platz 1 der KrimiZeit-Bestenliste, auf der Weltzempfänger-Bestenliste und auf der Hotlist beste Bücher unabhängiger Verlage findet er sich auch. Üngewöhnlich für einen Roman aus der Feder eines Nigerianers, der noch dazu auch in Nigerai spielt. Was ist das geheimnis?

Inhalt

Eine Frau wird entführt, eigentlich keine wirklich wichtige Nachricht in Nigeria, wenn es sich bei der Frau nicht um eine Weiße handeln würde und noch dazu um die Ehefrau eines wichtigen Repräsentanten einer ausländischen Ölgesellschaft. Ölförderung im nigerianischen Nigerdelta, für einige einer Lizenz zum Gelddrucken vergleichbar, für andere eines der größten Umweltdesaster auf unserer Erde, für viele Grund für einen frühen Tod. Der Skandal um die Hinrichtung Ken-Saro Wiwas und seiner Mitstreiter scheint vergessen und Helon Habila erwähnt diesen Sachverhalt auch gar nicht. Er erzählt einen Kriminalfall. Eine Engländerin wurde entführt und der neugierige Nachwuchsjournalist Rufus begleitet den alten Starreporter Zaq ins Delta auf der Suche nach den Entführern. Eine Story, die womöglich mit der erfolgreichen  Auslösung der Entführten endet, das wäre ein Knüller.

Aber die Suche im „Reich der Finsternis“ entpuppt sich immer mehr als Desaster. Auch die Protagonisten schleppen ihre eigenen Probleme mit, Zaq hat den Zenith seiner Karriere längst hinter sich, hatte sich einmal zu deutlich gegen das Militär geäußert, und kämpft nun statt mit Diktatoren mit dem Alkohol – und bald darauf auch mit dem Fieber. Rufus, den nicht Neigung oder Talent zum Journalisten machten, sondern die schiere Notwendigkeit Geld zu verdienen, seit sein Vater wegen der Explosion einer Ölleitung, die er illegal angezapft hatte und bei der ein Mann starb, im Gefängnis sitzt und Rufus‘ Schwester schwer entstellt wurde. Und Isabel, die Engländerin, die nur nach Nigeria kam, um ihre Ehe zu retten… Die Suche nach den Entführern und ihrer Geisel wird zu einem immer schwerer zu durchschauenden Alptraum: Schwerbewagffnete Rebellen in Schnellbooten oder Regierungssoldaten oder die tödlichen Auswirkungen der Umweltzerstörung – den im Delta siedelnden Menschen kann es eigentlich egal sein, wer ihren Tod verursacht, und gestorben wird schnell. Schwierig ist das Überleben der Fischer im Delta, immer wieder müssen sie fliehen, die Flucht beleuchtet von den Gasfackeln, die den Himmel erleuchten, begleitet von dem schwarzen Ruß, der alles überzieht.

Noch bevor die beiden Journalisten die Rebellen finden, werden die von einem Major angegriffen, der im Delta seinen Privatkrieg führt. Die Geisel wechselt den Besitzer, die Journalisten tasten sich immer weiter vor in den ölverschmierten Mangrovensümpfen, müssen umkehren, neue Wege suchen und so wie sie im undurchdringlichen Sumpf des Deltas in die Irre gehen, so versinken sie auch im Dickicht von Korruption, Entmenschlichung  und Habgier. Da werden Dörfler mit Farbfernsehern gelockt und, wenn sie doch nicht spuren, mal eben der Dorfchef getötet, da bestechen die Ölfirmen mal die Rebellen und mal die Armee, um ihre Fördereinrichtungen zu schützen und manch einer der Beteiligten kocht sein eigenes Süppchen. Der Tod hält reiche Ernte und nur wenigen gelingt es, das Delta wieder zu verlassen. Auch die Siedlung auf einer Insel, die einen Rückzugsort für die Journalisten bietet und Rufus eine unerwartete Liebe beschert, ist nicht wirklich das, was sie scheint – und ganz sicher keine Insel der Seligen.

Fazit

Ein atemberaubender Thriller, ein wichtiges Buch, das die Augen öffnet, womit das Benzin bezahlt wird, das wir in unseren Tank füllen und ein absoluter pageturner.

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