Tumult (Ltd. Deluxe)

BEMÜHT, VERKOPFT UND NUR SEHR BEDINGT GENIAL!

Der Sänger:

Mit über 14 Millionen verkaufter Tonträger ist Herbert Grönemeyer einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Musiker. Mit dem Album „4630 Bochum“ gelang ihm 1984 der Durchbruch. Seitdem erreichte jedes Werk Platz 1 der deutschen Charts. Neben seinem Umzug nach London war es vor allem die Tatsache, dass im November 1998 innerhalb weniger Tage sein Bruder Wilhelm und seine Frau Anna verstarben, die Grönemeyer in die Klatschseiten brachte. Im August 2002 feierte Herbert Grönemeyer mit dem Album „Mensch“ nicht nur ein Comeback, sondern auch seinen kommerziell größten Erfolg.

Das Album:

Fast genau vier Jahre nach seinem letzten Album „Dauernd jetzt“ legt Herbert Grönemeyer sein neues, inzwischen fünfzehntes Studioalbum vor. Da Grönemeyer mittlerweile die 60 gerissen hat (im April dieses Jahres ist er 62 geworden), kann er durchaus als altehrwürdige Instanz der deutschen Rockmusik betitelt werden. Eine Instanz, die es ihren Fans nicht immer leicht gemacht hat. Seit seiner musikalischen Neuerfindung im Jahr 1998 (mit dem Album „Bleibt alles anders“) hat der aus Göttingen stammende Sänger mit neuen Stilrichtungen überrascht. Spätestens die Alben seit „Mensch“ zeichneten sich dadurch aus, dass er die Eingängigkeit früherer Jahre eingetauscht hat und sich schwer auf einen Sound festlegen lassen wollte. 

Daher war ich sehr gespannt, welchen Weg Herbert Grönemeyer auf „Tumult“ einschlagen wird. Musikalisch hat mich der erste Vorbote „Sekundenglück“ schier aus den Socken gehauen. Die anfangs sparsame und sich steigernde Instrumentalisierung, zusammen mit der flotten Melodie und einem tollen Text ließen Erinnerungen an „Ö“ oder „Chaos“ wach werden und weckten kolossal meine Neugier. Der nächste, vorab ausgekoppelte, Song zeigte Grönemeyer dann wieder von der sperrigen Seite. „Doppelherz / iki Gönlüm“, auf dem Grönemeyer das erste Mal in türkischer Sprache singt, konnte mich trotz guten Textes musikalisch nicht so packen. Mit „Warum“ folgte noch eine Ballade, die als typisch für ihn angesehen werden kann und die mich ebenfalls überzeugen konnte. 

Nun also das gesamte Album: Wenn es nach mir gehen würde, hieße das Album „Licht und Schatten“, denn genau das ist es, was ich nach zahlreichen Durchgängen empfinde. Es gibt unter den sechzehn Songs einige richtig tolle Songs. „Bist du da“ ist so ein Überflieger, „Lebe mit mir los“ ist, zumindest musikalisch die Fortsetzung des „Mambo“ und „La Bonifica“ erzählt die tragische Geschickte einer Flüchtlingsfrau, die hier ihr Glück sucht und erkennen muss, dass dies nicht auf der Straße liegt. All das sind gute Momente dieses Albums. 

Dann gibt es da aber auch den sperrigen, den textlich verkopften Grönemeyer, und so selten wie bei keinem seiner früheren Alben bin ich geneigt, die Skip-Taste zu drücken, weil er mich weder musikalisch, noch textlich wirklich abholen konnte. Es fehlen mir die klar bezogenen Stellungnahmen. Sicher, dass schon erwähnte „La Bonifica“ tut dies. Doch Grönemeyer hat früher klarer und deutlicher Stellung bezogen. Ich denke da vor allem an das bis heute geniale „Die Härte“. Und genau so ein klarer und deutlicher Song (die aktuelle politische Lage würde sicher mehr als genügend Stoff liefern) fehlt mir. Ein Punkt, den ich auch massiv am aktuellen Pur-Album zu kritisieren hatte. 

Trackliste:

01 – Sekundenglück

02 – Taufrisch

03 – Meine Lebensstrahlen

04 – Doppelherz / iki Gönlüm (feat. BRKN)

05 – Bist du da

06 – Fall der Fälle

07 – Warum

08 – Leichtsinn und Liebe

09 – Der Held

10 – verwandt

11 – Wartezimmer der Welt

12 – Und immer 

13 – Lebe mit mir los

14 – Seif ihr noch da?

15 – La Bonifica 

16 – Mut

17 – Leichtsinn und Liebe (Remix by Hitimpuls)

18 – lebe mit mir los (Remix by Felix Jaehn)

Fazit:

Unterm Strich hat mich „Tumult“ eher enttäuscht. Nur wenige Songs haben das Zeug, echte Klassiker im Schaffen des Herbert Grönemeyer zu werden. Dafür sind einfach zu viel beliebige Austauschbarkeit und zu verschachtelte Texte vorhanden. Sicher wird das Album seinen Erfolg haben, doch von der Klasse eines „Bleibt alles anders“ oder eines „Chaos“ ist er ziemlich weit entfernt. 

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