Verbrechen und Strafe

F.M. Dostojewski: Verbrechen und Strafe

Das Beste noch besser machen

Die Frau mit den fünf Elefanten wurde Swetlana Geier auch genannt. Eine Filmdokumentation, die kurz vor ihrem Tod in die Kinos kam, übernahm diese berühmte Bezeichnung. Die fünf Elefanten, damit waren Dostojewskis größte und wichtigste Romane gemeint; Swetlana Geier galt als die bedeutendste Übersetzerin just jener Werke, die ihr eigenes Spätwerk bildeten.

Verbrechen und Strafe ist einer der Elefanten, der im Fischer-Verlag erschienen und von Geier modern und schlagfertig übersetzt worden ist. Dostojewski bleibt einzigartig, psychologisch und tiefschürfend, darf nun aber auch locker und leicht, ohne Atemanhalten und Nackenverspannung gelesen werden.

Waren die Übersetzungen des großen russischen Analytikers vorher wie schwerer Rotwein, perlen sie dank Geier wie frischer Zitronensaft die Kehle herunter.

Dostojewski kann man ja selbst als Elefanten bezeichnen, wenn man so will, einen der Big Five russischer Literatur. Speziell im 19. Jahrhundert bildete die russische Schreibfront mit Puschkin, Gogol, Gorki, Tolstoi und eben Dostojewski das Dream-Team zeitloser, psychologisch meisterhafter Schreibkunst; ähnlich gut wie Goethe und Schiller zusammen oder Beckenbauer und Netzer, um mal einen Vergleich in ganz andere Gefilde zu wagen.

Fjodor Michailowitsch Dostojewski gilt vielen als der größte von ihnen, der mächtigste, intelligenteste und einflussreichste Autor jener Zeit, vielleicht sogar aller Zeiten. Jedenfalls war er auch Swetlana Geiers Lieblingsautor, mit dem sie sich aber erst in späten Jahren auseinandersetze, nachdem die 1923 in Kiew geborene Übersetzerin zunächst Gogol, Tolstoi oder Solschenizyn ins Deutsche transkribierte.

Ihre Methodik wurde mit zahlreichen hochdotierten Übersetzerpreisen geehrt, ihre Vorgehensweise war einzigartig und strotze vor Selbstbewusstsein. Den Elefanten Dostojewskis gab sie keck neue Namen: Aus den Dämonen wurden böse Geister und aus Schuld und Sühne eben Verbrechen und Strafe.

Jahrelang diktierte sie die Übersetzungen ins Aufnahmegerät, ließ sie von einem Musiklehrer korrigieren, um sich an Klang und Timbre des geschriebenen Wortes zu gewöhnen. Eine spannende, akribische, langwierige und mühevolle, dafür umso ergiebigere Arbeitsweise.

Verbrechen und Strafe ist, wenn man so will, Dostojewskis erstgeborener Elefant, der Dickhäuter aus dem Jahr 1866, der in Petersburg spielt und den Jurastudenten Raskolnikow zum ständigen Protagonisten der Handlung macht. Quasi autobiographisch lädt der Hauptdarsteller die Schuld auf sich, begeht das Verbrechen, für das er später, in erster Linie ideologisch und in psychologischer Selbsterkenntnis, bestraft oder gesühnt wird.

Das Meisterwerk macht das fiebrige Innenleben des Mörders aus, einem Gefühl, das jeder nur allzu gut kennt, und sei es nur das Bonbon, das er dem nächsten nahm oder die Selbstbevorteilung am Büffet. Dies ist kein Buch zum Schmökern oder Genußlesen, sondern eine spirituelle oder mentale Offenbarung!

Fazit:

Laut russischen Experten hat Swetlana Geier Dostojewski das erste Mal wirklich übersetzt, denn die im Original vom Autor häufig verwendeten Dialekte sind in der bisherigen deutschen Tradition gar nicht übernommen worden.

Nicht nur das hat Geier verändert, sie hat Schwung und Elan in die staubtrockene kaiserzeitliche Übersetzung gebracht und ihr bemühtes und authentisches Wesen drückt sich in jeder Zeile aus.

Raskolnikow selbst ist der Moby Dick des Landes, ein unvergänglicher, ewig wichtiger Charakter, vom größten Psychologen hervorgebracht, bevor es die Psychologie überhaupt gab.

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