Patrícia Melo: Wer lügt gewinnt
Ein spannender, temporeicher Krimi aus Brasilien.
Inhalt
Eigentlich hat man beim Lesen das Gefühl, dass das Buch gar kein Krimi ist. Da wird gemordet, so im Vorübergehen, niemand ermittelt, jeder weiß, wer es war und auch die Täter geben sich – erfolgreich – große Mühe ihre Untat zu vergessen.
Der Held der Geschichte ist der keineswegs erfolgreiche Kriminalschriftsteller José Guber. Seine Exposés werden immer unfreundlicher von seinem Verleger abgelehnt, das ärgert Guber, da er doch seine Stories bei den großen des Genres abschreibt, bei Edgar Allan Poe, Agatha Christie, Dashiel Hammett und so weiter.
Doch dem Chef ist alles nicht blutrünstig genug. Fast hat man Mitleid mit Guber, der der geborene Loser zu sein scheint; dass sein Chef ihn endlich los sein will, merkt er nicht einmal. Als er für eine interessantere Mordmethode die Schlangenforscherin Fúlvia besucht, verliebt er sich umgehend in sie.
Seine Liebe wird auch erwidert, aber nicht so ganz uneigennützig. Fúlvia sucht Hilfe, um ihren Mann Ronald loszuwerden. Eigentlich sollte das einer Schlangenforscherin, noch dazu in Brasilien, einem Land, in dem besonders giftige Schlangen beheimatet sind, leicht fallen.
Aber Fúlvia ist nichtz so kreativ, ihr fällt keine gute Methode ein, da kann ihr sicher ein Schriftsteller von Kriminalromanen helfen. Vor und nach dem Sex brüten die beiden also über diesem oder jenem Szenario, Mordidee nach Mordidee wird durchgespielt.
Fulvia erzählt ihrem Geliebten, dass Ronald sie schlägt und quält. Als José Ronald kennen lernt, entpuppt der sich als eigentlich netter Kerl. Trotzdem wird weiter geplant, doch trotz minutiöser Planung geht der erste Mordanschlag schief.
Nicht einmal auf Giftschlangen ist wirklich Verlass. Ein zweiter Plan läuft ebenfalls aus dem Ruder, liefert aber das gewünschte Ergebnis. Als Lohn fürseine Hilfe heiratet Fúövia ihren Komplizen. Doch Josés Liebe erkaltet jetzt. Er hat einen neuen Job und eine neue Geliebte, jetzt ist Fulvia die Ehefrau, die einem Glück im Wege steht. Warum also nicht ein bewährtes Muster wiederholen?
Fazit
Erscheint José erst als Verlierer, dem Unrecht geschieht und der einem Leid tut, entwickelt er sich in der zweiten Hälfte des Romans immer mehr zum Unsympath. Mit esoterischer Literatur hat er Erfolg, aber das Wie ist unschön.
Fúlvia ist genauso eine Lügnerin wie er. Beide lügen einander und alle anderen an, was das Zeug hält. Auch Ingrid, die neue Freundin Josés, die „deutsche Kuh“, passt wunderbar dazu.
Lügner alle drei, das einzige, was man sich fragt, ist, wer mit denLügen am weitesten kommt. Wer zieht seinen Kopf wie aus der Schlinge, wer erreicht, was er will, d.h. wer ist der beste Lügner? Denn der gewinnt, wie schon der Titel des Krimis verspricht.
Patrícia Melo schreibt schnelle, handlungsreiche, ironische Krimis, die ungewohnt temporeich sind für Romane aus Lateinamerika. Dass sie eine Affinität zu Filmen hat, sie arbeitete auch als Drehbuchschreiberin für Film und Fernsehen, merkt man den Büchern an. Für ihren ersten Krimi in deutscher Sprache, O Matador, wurde sie mit dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet.
Patricia Melo schreibt über Gewalt und Brutalität immer in einem entlarvenden ironisch-kritischen Unterton, der zum Nachdenken verführen kann, aber nicht so aufdringlich ist, dass er das Lesevergnügen am Krimi stört, gute Unterhaltung!