IN DER VIELFALT LIEGT DIE KRAFT!
Die Band:
Die Musiker Herwig Mitteregger (Gesang, Schlagzeug), Bernhard Potschka (Gesang, Gitarre) und Manfred Praeker (Gesang, Bass) lernten sich Mitte der 1970er Jahre kennen und spielten in der Politrockband Lokomotive Kreuzberg. Zusammen mit dem Keyboarder Reinhold Heil und der Sängerin Nina Hagen, die gerade aus der DDR übergesiedelt war, gründeten sie die Nina Hagen Band, die zwei Alben veröffentlichte. Nach der Trennung von der exzentrischen Sängerin konzipierten die vier Musiker mit Sänger Alf Klimax und dem DJ Rik de Lisle das englischsprachige Rockmusical Spliff Radio Show, welches 1980 in Berlin uraufgeführt wurde. Als Spliff machten Herwig Mitteregger, Reinhold Heil, Bernhard Potschka und Manfred Praeker weiter und veröffentlichten 1982 das erste deutschsprachige Album „85555“, das die Hits „Carbonara“, „Heut´Nacht“ und „Déjá Vu“ enthielt.
Das Album:
Bereits Ende 1982 erschien mit „Herzlichen Glückwunsch“ das zweite Album von Spliff. Das bekannte Branchenmagazin „Fachblatt“ bezeichnete Spliff seinerzeit als beste Band Deutschlands. Eine Bezeichnung, die bis heute Bestand hat. Es gab und gibt nur sehr wenige deutsche Gruppen, die eine solche musikalische Vielfalt präsentieren wie Spliff. Das ist sicher auch dadurch bedingt, das alle vier Musiker Songs geschrieben und gesungen haben. Der Fokus lag nicht, wie bei anderen Bands, auf einen Mastermind. Jeder Musiker brachte sich und seine Vorlieben ein, so dass der Sound von Spliff eine Mischung aus Hardrock, Funk, Reggae und der typischen 80er Jahre Synthie-Musik ist. Dadurch heben sich Spliff bis heute aus der Masse heraus.
Der bekannteste Titel des Albums ist sicherlich „Das Blech“. Eine Funknummer, in der sich Reinhold Heil als Rapper versucht und die einen der besten Instrumentalparts hat, den je ein deutsches Musikstück gesehen hat. Auch andere Titel wissen zu gefallen: „Tag für Tag“ und „S.O.S“ von Manfred Praeker knüpfen an „Heut´ Nacht“ an, „Wohin? Wohin?“ überzeugt durch einen humorvoll-tiefgründigen Text und dem Wechselgesang von Reinhold Heil und Herwig Mitteregger und „Herr Kennedy“ ist ein vom Sound Kraftwerks inspirierter, mit sparsamen Synthiegeräuschen instrumentierter Politsong, den alle Musiker singen.
Meine persönlichen Lieblingstitel von Spliff sind jedoch die Songs von Herwig Mitteregger. Allein das Einstiegsriff und der Refrain des Titelsongs „Herzlichen Glückwunsch“ sind bis heute so kraftvoll und gut gespielt, dass man den Song immer wieder hören kann. Die absolute Perle des Albums ist der „Glaspalast“. Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, das dieser Titel einer der besten deutschsprachigen Rocksongs aller Zeiten ist. Eine sparsame Instrumentalisierung und Herwig Mittereggers unverwechselbare Martin-Semmelrogge-Stimme erzeugen noch heute eine Gänsehaut.
Trackliste:
01 – Herzlichen Glückwunsch
02 – Augen zu
03 – Tag für Tag
04 – Das Blech
05 – Wohin? Wohin?
06 – Es ist soweit
07 – Herr Kennedy
08 – Die Maurer
09 – S.O.S.
10 – Glaspalast
Fazit:
Reduziert man Spliff auf die Neue Deutsche Welle, wird man der Band auf keinem Fall gerecht. Spliff waren und sind mehr. „Herzlichen Glückwunsch“ ist die konsequente Weiterentwicklung ihres Erfolgsalbums „85555“ und ist dabei einen Tick homogener. Sehr selten gab es danach eine deutsche Gruppe, die unterschiedliche Musikrichtungen und gute Texte so dargeboten hat, wie Spliff. Leider war nach dem nächsten Studioalbum Schluss und die Musiker gingen verschiedene Wege. „Herzlichen Glückwunsch“ ist ein Album, das auch nach vierzig Jahren modern und zeitlos klingt und damit definitiv eines der besten deutschsprachigen Rockalben aller Zeiten ist.
Bewertung:
Musik: 5
Instrumentalisierung: 5
Stimmen: 5
Texte: 5
Hörspaß: 5