Black Swan

Black Swan von Darren Aronofsky

Mit dem Balettthriller „Black Swan“ liefert Regisseur Darren Aronofsky einen weiteren Meilenstein der modernen Kinogeschichte ab. Sozusagen als Quintessenz seines bisherigen Schaffens bietet der Film eine Melange aus Aronofskys größten Stärken. Der Film hat den verstörenden Psychoterror von „Pi“ (1998) die majestätische Bildgewalt von „The Fountain“ (2006) und die zarte und individuelle Dramatik von „The Wrestler“ (2008).

Hauptdarstellerin und Vergangenheitsbewältigung

Die für mich bisher eher blasse Natalie Portman schwingt sich dabei zu ungeahnten Höhen auf. Was nicht heissen soll, dass sie besonders eindrucksvoll spielt, sondern vielmehr, dass sie der Dramatik des Films  den Raum gibt die sie braucht. Sie ergibt sich so hilflos der Geschehnisse um sie herum das sie fast wie ein Spielzeug wirkt. Und genau so musste sie diese Rolle auch angehen, denn nur so bleibt sie glaubhaft und erschreckend ehrlich. Vielleicht hat der Kinderstar Portman auch nur sich selbst gespielt und hat vielleicht hier ihre eigenen Erfahrungen mit Druck und Erwartungen im Medienrummel von Hollywood aufgearbeitet, was sie zu einer ähnlich genialen Besetzung machen würde wie Mickey Rourke als „Randy Robinson“ in „The Wrestler.“

Auf ihrer verzweifelten Suche nach Perfektion bietet „Nina“ (Portman) im Verlauf des Films eine immer bessere Angriffsfläche für Angst, Wahnsinn und Paranoia. Mir wurde zwar gesagt, dass Portmans Arme „zu schwer“ waren in den Tanzszenen, doch ich als Balettlaie empfand auch die Darstellung der Balettszenen als sehr gekonnt.

Klischee als Stilmittel

Black Swan hat eine weitere Stärke Aronfskys offenbart. Der Regisseur spielt so leicht und unverblümt mit Klischees, dass man garnicht dazu kommt sie als Klischees wahrzunehmen. Anders gesagt, Black Swan zeigt nichts was man nicht schon gesehen hätte. Die Dualität zwischen der jungen und leidenschaftlichen „Lilly“ (Mila Kunis) und der prüden, perfektionistischen „Nina“ (Portman) wirkt seltsam vertraut, und auch der von Vincent Cassel dargestellte Intendant des Baletts „Thomas“ ist ein einziges Klischee, dem Cassel aber ungewöhnlich viel Leben einhaucht, wie er es auch schon mit dem Kiril in David Cronenbergs Meisterwerk „Tödliche Versprechen“ gemacht hat. Mila Kunis als junge Rebellin „Lilly“ bleibt hingegen eher unscheinbar und wird ihrer angedachten magischen Wirkung nicht gerecht.

Psychologie und Regie

Aronofsky spielt auch bei den psychologischen Hintergründen seiner Dramaturgie die Klischeekarte aus. Alles ist da, die überdominante Mutter, die sexuelle Frustration, der Trieb zur Selbstverletzung, die homoerotischen Phantasien und die Paranoia. Natürlich könnte man dem Film dadurch unterstellen er wollte zu viel und verliere sich in seinen Klischees. Doch eben das lässt Aronofsky wie auch schon bei „The Fountain“ und „The Wrestler“ nicht zu. Immer wenn der Film droht in die dramaturgische Absurdität abzurutschen reisst Aronfsky das Ruder herum und gibt dem Film neues Leben.

Soundtrack und Photographie

Clint Mansell zeichnet sich auch in diesem Film wieder für die Musik verantwortlich und bestätigt mal wieder seinen Ruf als der momentan wohl beste Soundtrack Komponist in ganz Hollywood. Ähnlich wie „Thomas“ im Film dem Stück „Schwanensee“ neues Leben einhauchen will, so gelingt es auch Mansell über bloße Nachahmung herauszugehen und eine ebenso leidenschaftliche wie bombastische  Illustration zu schaffen. Photographie und Musik bilden eine derart wuchtige Mischung, dass es schwer ist sich der Stimmung zu entziehen und sich nicht in den Sumpf von Leidenschaft, Angst, Wahnsinn und Lust ziehen zu lassen.

Fazit

Black Swan macht alles richtig und ist ein starker Psychothriller geworden, der spielend mit photographischem Pomp, schauspielerischen Reminiszenzen an vergangene Tage und theatraler Inszenierung agiert. Das Hollywood-Happy-End wird ad absurdum geführt und mit ihm auch der ständige Ruf nach Perfektion. Bei allen anderen wäre der Film völlig übermalt und lächerlich, aber eben nicht bei Aronfsky und Portman. Natalie Portman muss hier als Symbol verstanden werden, als Symbol für Hollywood und dessen Codes und Lebensarten. Eben diese Dopplung macht Aronofsky zu einem derart guten Regisseur, und „Black Swan“ zu einem derart guten Film, Aronofsky hat hier meiner Meinung nach einen weiterer Schritt auf dem Weg zur offiziellen Nachfolge von Stanley Kubrik gemacht.

Rico Keller

2 Gedanken zu „Black Swan“

  1. Pingback: Black Swan

Schreibe einen Kommentar