Sportanatomie

Jürgen Weineck: Sportanatomie

Klassiker der Bewegungswissenschaften

Fabian Hambüchen sieht ganz schön angespannt aus auf dem Titelbild der 18. Auflage des Klassikers der Bewegungswissenschaften, der Sportanatomie von Jürgen Weineck. Eine Abbildung des Inhaltes in vivo: ein olympischer Tuner im Ablauf einer komplexen und planmäßigen Sportbewegung, die von Weineck anatomisch, physiologisch und biomechanisch seit vielen Jahrzehnten dargestellt wird.

Der studierte Sportwissenschaftler und Mediziner war lange Jahre die Eminenz an der Sportuniversität in Erlangen und ist auch bis heute im Rahmen der Sportbiologie und Trainingswissenschaften eine echte Größe. So wundert es auch nicht, dass sein bekanntestes Werk, die Sportanatomie, seit vielen Jahren immer wieder aufgelegt wird. Die 18. erweiterte Auflage unterscheidet sich natürlich nur marginal von den Vorgängern, einzig im Rahmen der Sportverletzungen (Symptomatik, Prävention, Rehabilitation) sind einige neue Erkenntnisse eingefügt.

Ansonsten ist für den angehenden Sportlehrer und Bewegungscoach alles vorhanden, was notwendig ist. Eine kurze Einführung in die Grundlagen der tierischen Physiologie (Zell- und Gewebelehre) eröffnet das Buch, um danach direkt in den Bewegungsapparat überzugehen. Die Darstellung der wichtigsten Gelenksysteme sowie aller anderen Strukturen orientiert sich dabei immer angenehm an der Praxis. Denn im Rahmen der Sportbewegungen spielen gewisse Strukturen (Knie, Schulter, Wirbelsäule) eine dominante Rolle, entsprechend werden sie hier präsentiert.

Wesentlich zur Erfassung des Sachverhaltes sind die Zeichnungen der Muskeln, Knochen, Gelenke und wichtigsten Bänder, die praxisgerecht in der Sprache beschrieben sind, die im Alltag zu verwenden ist. Soll heißen: Da wo lateinische Fachausdrücke auch im Breitensport anzutreffen sind (z. Bsp. M. quadratus lumborum), werden diese gewählt, da wo die deutschen Ausdrücke Sinn machen und allgemein übernommen worden sind (z. Bsp.: Schultergürtel) werden diese gewählt.

Die Darstellungen in dem Buch sind einfach und grob, einzig auf die Funktionalität und Position des Objektes gerichtet. Soll heißen: Anatomische Detailstudien gibt’s in entsprechenden Atlanten, hier wird Wert auf klare Funktionalität gelegt. Welche Muskeln sind für die Beugung des Rumpfes zuständig, wo setzen die Halsmuskeln an, wohin ziehen sie, welche Strukturen liegen in Zwangslagen und Problembereichen, wie verändern sich die Gelenkebenen bei einer entsprechenden Bewegung.

Ausführlich hervorzuheben ist der Bereich Traumatologie, der nicht nur die wichtigsten, sondern einen Großteil der im Breiten- und Freizeitsport anzutreffenden Sportproblematiken aufgreift. Tennisellbogen, Sehnenscheidenentzündungen, Luxationen, Patellasymptomatiken oder Schulterprobleme sind nur ein kleiner Teil des Inhaltes. Da wird jeder Therapeut und Betroffene fündig – sehr schön sind auch spezielle Exkurse, wie der zum Tragen von Schuhen mit Absätzen und dessen Auswirkungen auf Haltung und Anatomie.

Abschließend dann noch eine relativ knappe Zusammenfassung der wichtigsten Sportarten und der dafür notwendigen physischen Besonderheiten. Welche Muskeln sind leistungsbestimmend oder –hemmend; auch das ein logischer Hinweis für alle, die anleiten, praktizieren oder therapieren wollen.

Fazit:

Seltsam nur, dass die Fotografien von Leistungssportlern, die dem theoretischen eine gewisse malerische Unterfütterung geben wollen, häufig angestrengte, selten bewegungsharmonische Sportler zeigen. Ist es ein Abbild unserer Gesellschaft? Egal, wichtig ist hier vielmehr das Geschriebene sowie die vielen Zeichnungen, Tabellen und Ansichten – nach wie vor ein unverzichtbares Standardwerk, das sicherlich nicht seine letzte Neuauflage erlebt hat.

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