B.K.S. Iyengar: Yoga: Der Weg zu Gesundheit und Harmonie
Das Vermächtnis einer Koryphäe
Wer als einer der einhundert einflussreichsten Menschen dieser Welt gilt, hat es zweifelsohne zu etwas gebracht. B. K. S. Iyengar ist einfacher zu schreiben und sprechen als Bellur Krishnamachar Sundararaja Iyengar: ein Mann des Wissens vom Yoga, ein bald 100jähriger Methusalem, der in dem schlicht und logisch betitelten Werk Yoga (Untertitel: Der Weg zu Gesundheit und Harmonie) aus dem Hause Dorling and Kindserley sich nicht zu schade ist selbst für Fotobeispiele zur Verfügung zu stehen. Eine Mensch gewordene Koryphäe, deren Schriften nicht weniger legendär sind.
Weit über 400 Seiten lang, mehr als 1900 Abbildungen stark und ein Hardcover-Buch, mit dem man grundsätzlich auch ohne Schwierigkeiten den Körper trainieren könnte. So schwer ist es nämlich, so randvoll aber auch mit Kraft und Intelligenz, mit asiatischer Wirklichkeit und yogischer Tradition.
Das Startbild, welches einem auf Seite Drei entgegen schlägt, macht erst einmal Angst oder löst irrsinnige Ehrfurcht aus. Ein Mann im Winkelsitz (Konasana Bandha), dessen Fußsohlen aber nicht auf dem Boden, sondern auf Brustbeinhöhe aneinanderliegen. Bitte nicht selbst ausprobieren, sondern höchstens aufzeichnen und dann staunen und letztlich demütig der dem Yoga innewohnenden Kraft huldigen.
Kapitel Eins bietet dann Details aus dem Leben des Großmeisters selbst, der wie kein Zweiter das Yoga systematisierte und dessen fruchtbare Ergebnisse heute in fast jeder Yogaschule geerntet werden. Herrliche und authentische Bilder dieses Mannes gepaart mit Ideen und Anregungen zu Sinn und Zweck dieser seit Jahrtausenden über das Körperliche hinausgehenden (es letztlich verlassen wollenden) Bewegungspraxis.
Zwei weitere Kapitel offerieren Ziele und Wege, Philosophie und Bedeutung des Yoga, immer herrlich bebildert, in einer großen Schrift anwenderfreundlich präsentiert und mit den wichtigsten Zitaten, die groß hervorgehoben werden, sinnvoll zusammengestellt.
Die eigentliche Übungspraxis bietet dann Iyengars eigenes Refugium, nämlich die Einteilung in Stand-, Sitz-, Vorwärts- oder Umkehrstellungen. Großartig auch hier die detaillierten Fotografien, unendlich hilfreich die zahlreichen orthopädischen und physiognomischen Hinweise, selbstverständlich die positiven Wirkungen und kraftvoll und unterstützend der Kommentar des Meisters selbst. Es gibt tausende Yogabücher, aber keines das in Korrektheit, Wirklichkeit und Vitalität an dieses Buch herankommt, das einzig und allein dadurch gefährlich werden könnte, dass die Anwender versuchen, just jene Positionen einzunehmen, die die unheimlich gelenkigen Vorbilder im Buch praktizieren. Wer Wesen und Weihe des Yoga verstanden hat, wer die Eingangskapitel in Ruhe gelesen hat, ist hiervor aber gefeit und freut sich stattdessen über die größte Ansammlung von sauberen Übungen, die man sich denken kann.
Getoppt wird der Reigen besten Yogawissens durch eine Sammlung von fast 140 (!) Seiten an Übungsreihen, die alle möglichen körperlichen, aber auch mentalen oder emotionalen Störungen angehen: Herz-, Lungen- oder Blasenprobleme, Rücken, Gelenke oder Ekzeme, Angst, Mager- oder Drogensucht – eine ausführliche, ebenfalls bebilderte Übungsreihe bietet für jeden nicht nur etwas, sondern vielfältige Optionen. Ein 20-Wochen-Yogakurs, vom Meister selbst initiiert, beendet dann den Reigen des Göttlichen, einen Ausdruck, den man ohne Weiteres für dieses Meisterwerk verwenden darf.
Fazit:
Kraft ist keine Sache äußerer Muskelberge, sondern eine Energieform, die spürbar und sichtbar ist – weniger mit den Augen oder den Ohren, sondern vielmehr mit dem Herzen oder dem Willen im Inneren unseres ganzem Seins. Aus diesem Buch strömt große Kraft, stille Weisheit und echte Lebendigkeit. Ein Schatz, den jeder, der sich nur ansatzweise für diese Praxis interessiert, sein Eigen nennen sollte.