Der heilige Eddy

Der heilige Eddy von Jakob Arjouni

Inhalt
Der „heilige“ Eddy Stein ist eigentlich alles andere als ein Heiliger. Offiziell verdingt er sich gemeinsam mit einem russischen Freund als Straßenmusiker, doch inoffiziell ist Eddy ein begnadeter Trickbetrüger, dem es trotz der Tatsache, dass er mittlerweile etwas in die Jahre gekommen ist, immer wieder mit Bravour gelingt, in Berlin arglose Touristen und Geschäftsreisende um größere Summen Bargeld, Kreditkarten oder sonstige Dinge von Wert zu erleichtern, und selbst die Kleidungsstücke fremder Menschen bringt Eddy immer wieder mit viel List, gespielter Freundlichkeit und einer guten Portion Einfallsreichtum (selbstverständlich unrechtmäßig) in seinen Besitz. So schlägt er sich im alternativen Berliner Stadtteil Kreuzberg durch, und einer seiner Grundsätze dabei lautet: „Begehe niemals einen Coup in deinem eigenen Viertel“.

So ist Eddy Stein in seinem Viertel auch bekannt und beliebt, und niemand ahnt etwas von Eddys manchmal mehr, manchmal weniger spektakulären Betrügereien. Eines Tages erleichtert Eddy einen Geschäftsreisenden aus dem Ruhrgebiet um mehr als 10.000 Euro und rechnet sich somit schon aus, wie er das nächste halbe Jahr komplett ohne Arbeit über die Runden kommen wird. Doch dann kommt auf einmal alles anders – denn als Eddy nach Hause kommt, trifft er im Treppenhaus auf den derzeit wohl unbeliebtesten Mann Berlins – Horst König, ein Millionär von der Sorte „neureicher Emporkömmling“, dessen Gesicht aufgrund des unrühmlichen Verkaufs einer großen Berliner Fabrik momentan auf allen Titelseiten zu sehen ist. Eddy Stein gibt sich vollkommen unwissend, doch er treibt es dabei zu weit, und als Horst König im Treppenhaus von Eddys Mietshaus ins Straucheln gerät, ist es bereits zu spät. Die Situation droht zu eskalieren – doch die Aufmerksamkeit der Polizei kann Eddy momentan genauso wenig gebrauchen wie aufgebrachte Bürger, die hinter dem Tod von „Hotte“ König einen politischen Mord vermuten…

Eine amüsante Milieustudie, die durch ihre skurrilen aber authentisch gezeichneten Charaktere zu überzeugen weiß
Jakob Arjouni hat sich in den letzten Jahren als Kriminalschriftsteller und als „Schöpfer“ des deutsch-türkischen Frankfurter Detektivs Kayankaya einen Namen gemacht, und seine Krimis „Happy Birthday, Türke!“ „Mehr Bier“ und „Kismet“ gehören wohl zweifelsohne mit zu dem Besten, was die deutsche Kriminalliteratur in den letzten 25 Jahren hervorgebracht hat. Arjounis Kriminalroman „Ein Mann ein Mord“ wurde 1992 mit dem renommierten Deutschen-Krimi-Preis ausgezeichnet.

Der neue nun vorliegende Roman Arjounis ist jedoch kein Kriminalroman im eigentlichen Sinne, vielmehr lässt sich „Der heilige Eddy“ als Milieu- und Charakterstudie begreifen, denn Arjouni verzichtet hier nicht nur auf einige „klassische Krimi-Elemente“, sondern er lässt auch das Ende der Geschichte offen und überlässt dem Leser die weitere Deutung der geschilderten Ereignisse. Dies mag für „Kayankaya“-Liebhaber anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig sein, doch mit „Der heilige Eddy“ beweist Jakob Arjouni in jedem Fall, dass er auch ohne den Protagonisten Kayankaya in der Lage ist, grandiose Romane zu schreiben.

Er führt den Leser dabei recht langsam in die Geschichte ein und widmet sich ausführlich der Porträtierung des Protagonisten Eddy. Auch wenn Eddy ein Kleinbetrüger ist, kann sich der Leser leicht mit dieser skurrilen aber stilvollen und intelligenten Figur identifizieren, denn Arjouni charakterisiert Eddy gewissermaßen als einen „Robin Hood der Neuzeit“, und bei Eddys Opfern drängt sich dem Leser das eine ums andere Mal der Eindruck auf, dass diese naiven „Schnösel“ es ja gar nicht anders verdient haben. Die amüsante Geschichte um einen Kleinkriminellen, der unversehens in einen Unfall mit verheerenden Folgen verwickelt wird, wird zusätzlich aufgewertet durch eine kleine Liebesgeschichte und durch zahlreiche Anekdoten über die typischen Eigenheiten der Westberliner.

Fazit
„Der heilige Eddy“ ist ein Roman, den man bedingungslos empfehlen kann – die amüsante Geschichte um Trickbetrüger, neureiche Heuschreckenkapitalisten und „typische Ökos“, die sich selbst viel zu ernst nehmen entpuppt sich als grandioses Lesevergnügen, welches einem am Ende fast schon zu kurz vorkommt – der Kauf dieses 246 Seiten starken Werkes lohnt sich somit in jedem Fall!

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