Dr. Oetker: Teenie Backbuch
Genußvolles Pubertieren
Rites de passage: so lautet ein Fachbegriff für Übergangszeiten in der menschlichen Entwicklung, der von Ethnologen oder Psychologen in ihren Weltbeschreibungen gebraucht wird. Vom Baby zum Kleinkind, vom Jugendlichen zum Erwachsenen aber auch vom Single zur Familie. Doch kein Übergang ist – auch biologisch gesehen – so gravierend wie der unschön formulierte zweite Gestaltwandel oder besser und einfacher benannt: die Pubertät. Alles ist anders, alles wird neu, und egal aus welcher Richtung man schaut (ob von unten als Kleinkind oder von oben als Erwachsener): es sieht seltsam, verrückt und völlig abgedreht auf, was sich im Verhalten widerspiegelt.
So ist es also nicht verwunderlich, vielmehr förderlich, dass das Teenie-Backbuch vom Dr.-Oetker-Verlag auf den ersten Blick richtig schön schrill aussieht und all die Zutaten benutzt, die pubertierende Teenies so brauchen. Bunte Farben (viel rosa), geschwungene Schriftarten, lustige Icons und eine ganz einfache, simple – pädagogisch formuliert – adressatengerechte Sprache. Warum sich das Buch nur an Mädchen richtet, ist eigentlich nicht erklärbar, ergibt sich vielleicht aber immer noch aus den alten Geschlechterrollen und die ja irgendwie auch noch zutreffen, oder hat jemand schon mal zwei fünfzehnjährige Jungs backen und Kaffee trinken sehen?
So widmet sich das Buch also explizit den Nachmittagen mit der besten Freundin, der mit ausgefallenem und – wieder: – adressatemgerechten Backvergnügen erlebt werden darf. Die vierzig Rezepte sind in vier Kapitel eingeteilt, deren Namen sich selbstredend nur Teenies erschließen (You make me smile, Coffeestore at home etc.) – die Bezeichnungen der einzelnen Leckerlis allerdings geht auch bei allen anderen Altersgruppen klar durch und macht natürlich schon vom Zuhören viel Laune: Kirsch-Brownies, Krokant-Cookies, Smoothies, Blätterteig-Bonbons, Keks-Lollies oder Cakes mit Oreo hören sich nicht nur vom Namen her gut an, sie schmecken auch großartig!
Die Rezepte sind einfach und klar. Mit einem guten Überblick über die Zutaten und die Arbeitszeit sowie einem sehr angenehmen Schreibstil bei der Erklärung. Schritt für Schritt wird das auch für Teenies klar, und das soll wirklich was heißen. Viele der Köstlichkeiten sind tatsächlich modern oder in, aber es sind auch ein paar Klassiker wie Zimtrollen oder Blaubeermuffins dabei. Was wichtig ist: die Sachen müssen nicht einfach nur schmecken, sondern sie brauchen eben auch das gewisse Etwas; für alle empfehle ich daher die Rocky-Road-Triangels: eine Mischung aus Brownies und Snickers mit Marshmellows drin und weißer Schokolade oben drauf – HEAVEN!
Besonders hervorheben sollte man, dass sich der Verlag wohltuend mit der Präsentation eigener Produkte zurücknimmt. Ab und zu mal den Dr.-Oetker-Pudding oder die Gelatine als Rezeptbeilage, aber längst nicht in jedem Rezept und überhaupt kein – was man vielleicht befürchten könnte – Produktseeling – tatsächlich ein reines, und dazu verdammt gutes Kochbuch!
Fazit:
Es soll bunt aussehen, lecker schmecken, die Freundinnen begeistern, die Eltern in Erstaunen versetzen und dazu noch möglichst einfach herzustellen sein (also keine Parfaits, Brulees oder sonstigen Zierrat) – dann nehme man das Teenie-Backbuch und mache als Geschenk seine Töchter (in aufgeklärten Kreisen sogar seine Söhne) glücklich oder – Achtung! – sogar sich selbst. Denn nichts spricht dagegen, Rocky-Road-Triangels auch selbst auszuprobieren; mit dem entsprechend geschulten Blick können die Rites de passage praktisch jederzeit passieren – guten Appetit!