Vienna von Eva Menasse
Inhalt
Eva Menasse erzählt in „Vienna“ die Geschichte einer Familie in Wien, eine Geschichte, die sich über drei Generationen und über dementsprechend viele Jahre erstreckt. Dabei ist „Vienna“ aber zum Glück mehr als nur eine trocken erzählte Familienchronik. Der Name Menasse ist in Österreich weithin bekannt, denn der Vater von Eva Menasse war ein gefeierter österreichischer Fußballnationalspieler und Eva Menasses Bruder Robert Menasse hat sich mittlerweile auch in Deutschland einen Namen als angesehener Schriftsteller machen können.
In „Vienna“ erzählt die Autorin jedoch nicht nur die Geschichte ihres populären Großvaters, sondern vor allem auch die Geschichte der sonstigen Familienmitglieder, wobei Menasse an mitunter bitterböser Kritik, die jedoch so humorvoll daherkommt, dass sie schon fast nicht mehr als wirklich negativ gemeinte Kritik verstanden werden kann, wahrlich nicht spart. Die Autorin hat jüdische Wurzeln, und so ist „Vienna“ auch die bewegende Geschichte einer jüdischen Familie im Österreich des 20. Jahrhunderts.
Ein fesselnder, teilweise wahrheitsgemäßer Roman, der durch seine zynische Erzählweise und viel Lokalkolorit besticht
Eva Menasse erzählt und beschreibt in ihrem Debütroman vordergründig die Geschichte und Entwicklung einer jüdisch-österreichischen Familie, doch teils mehr, teils weniger verdeckt, verrät der Roman auch eine ganze Menge über die verschiedenen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und die österreichische Entwicklung vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Dabei bedient sich die Autorin immer wieder eines mitunter recht derben jüdischen Humors, der aber aus anderen Werken, die in eine ähnliche Richtung wie „Vienna“ gehen, durchaus schon bekannt sein dürfte. Doch der Autorin gelingt es, selbst den dunkelsten Momenten in der Familiengeschichte dank eben dieses Humors doch noch eine lustige, wenn auch nicht immer geistreiche Lektion abzugewinnen.
Auf charmante Art und Weise beschreibt der Roman auch das luxuriöse Leben von einst „Luxusweibchen“ genannten Damen der höheren Gesellschaft, die sich um ihre Finanzen und ihr sonstiges Wohlergehen keine großen Sorgen machen müssen, da sie einen treusorgenden Mann hinter sich haben, der es ihnen ermöglicht, ihre Tage allein mit ausgiebigen Bridgepartien zu füllen. Dass die Geschäftstätigkeiten der nach außen hin wohlhabenden Männer in „Vienna“ dabei jedoch nicht immer ganz koscher sind, wird nicht nur dem Leser bald klar…
Fazit
In der Presse wurde das Romandebüt von Eva Menasse durchwachsen aufgenommen: Während die einen von einer phänomenalen Erzählung sprachen, attestierten andere Eva Menasse ein gewisses Talent und ein „zweifelsohne gelungenes Erstlingswerk“, gaben jedoch zu bedenken, dass es eine größtenteils wahre Geschichte sei, und dass es deshalb unter Umständen auch nur beweise, dass Eva Menasse das journalistische Handwerk aufgrund ihres „Hauptberufs“ als Redakteurin eben verstehe.
Warum hier mit zweierlei Maß gemessen wird – denn schließlich ist die Tatsache, dass ein Werk auf einer wahren Geschichte basiert und diese eventuell ausschmückt sicherlich noch kein direkter Grund dafür, die Leistung eines Autors bzw. einer Autorin „herabzuwürdigen“ – wird den meisten Lesern wohl ein Rätsel bleiben, deshalb sei an dieser Stelle nur gesagt, dass Freunde von humorvoller, aber dennoch anspruchsvoller und mitunter lehrreicher Literatur an „Vienna“ ihre wahre Freude haben werden. Ein zweifellos gelungenes Werk – und ob es dann eben ein Debütroman ist, spielt dabei ja erst einmal gar keine Rolle.