Bertolt Brecht: Der Jasager und Der Neinsager. Vorlagen, Fassungen und Materialien.
Bertolt Brecht veränderte wie kaum ein Anderer das Theater und seine Absichten. Reine Unterhaltung oder schicksalhafte Geschichten sollte es bei ihm nicht mehr geben, dafür aber ein kritisches Hinterfragen.
Auch die Schauspielweise wurde eine gänzlich andere. Brecht wollte nicht, dass Darsteller und Rolle miteinander verschmelzen, vielmehr sollte sich dieser von seiner Bühnenfigur distanzieren. Traditionell ausgebildete Schauspieler taten sich mit dieser Konzeption fast naturgemäß schwer. Deswegen arbeitete Brecht bevorzugt mit Laiendarstellern, vor allem mit Schülern. Für sie schrieb er die sogenannte „Schuloper“ des Jasagers.
„Der Neinsager“ als Alternativfassung des „Jasagers“
Brecht nimmt sich hier einer alten japanischen Sage an, in der die Tradition ein grausames Ritual befiehlt: Ein junger Mann, der auf einer gefährlichen Wanderschaft durch die Berge erkrankt, soll ins Tal hinabgestürzt werden. Jene hatte er nur angetreten, um Medikamente für seine Mutter mitzubringen, nun aber ist der Zweck der Reise, aber auch sein eigenes Leben gefährdet.
In der Alternativfassung „Der Neinsager“, die in der vorliegenden Suhrkamp-Ausgabe ebenfalls enthalten ist, wird sich dieser gesellschaftlichen Vorgabe widersetzt. Doch interessanterweise wurde auch eine zweite Jasager-Fassung in die Materialien aufgenommen. Herausgeber Peter Szondi erklärt: „Erst die zweite Fassung des Jasagers stellt den gemeinsamen Zweck der Reise wieder her, indem nun auch die anderen Medizin holen wollen, während im Neinsager der Knabe nein sagt, da das ´Lernen durchaus warten kann´.“
Reaktionen der Schüler
Die edition-Suhrkamp-Ausgabe enthält ebenso die japanische Originalfassung, übersetzt von Elisabeth Hauptmann. Vor allem ist aber auch wichtig, dass die Schüler selber zu Wort kommen. Die abgedruckten Protokolle von Diskussionen einer Schule in Neukölln können dabei nur examplarischen Charakter haben. Sie zeigen sehr nachdenkliche Jugendliche, die zugleich aber auch konstruktive Vorschläge machen. So oder so ähnlich dürften die Reaktionen in unzähligen Schulen gewesen sein, in denen Brechts Stück durch die Schüler selber aufgeführt wurden und noch immer werden. Durchweg erleben hier Lehrer eine ausgesprochene hohe Motivation der Schüler und gespanntes Interesse am Inhalt der Stücke.Hervorzuheben ist, dass die Schüler dabei die verschiedenen Fassungen miteinander vergleichen und anhand dieser Lösungen diskutieren können.
Aufsätze, die die Stücke Brechts in weiterem Zusammenhang einordnen, sind schließlich auch angefügt. Im Vordergrund stehen aber, wie Brecht es selber wollte, die jungen Darsteller, die anhand der Stücke nach dem richtigen Weg suchen sollen. Die „Schuloper“ ist dabei eher eine Persiflage auf die „echte“ Oper, der Brecht zeit seines Lebens distanziert gegenüberstand.
Fazit
Eine umfassende Materialsammlung, die Originaltexte, Reaktionen und Interpretation vereint. Ideal, um in der Schule Verwendung zu finden, aber auch für andere Schauspielgruppen gut geeignet. Für Brecht-Fans ohnehin ein „Muss“, das in der eigenen Buchsammlung nicht fehlen darf.