Josephine Angelini: Göttlich verliebt
Wie im Traum: Zeus besiegen, mit Hermes fliegen
Das Cover ist schon einmal Weltklasse! Die Protagonistin Helen in einer bewegenden Pose, mit ängstlichem, zugleich tiefschürfendem Blick. Das Bild ist eingerahmt von griechisch-mythologischen Symboliken und wird kombiniert mit einer Mischung aus antikem und modernem Schriftzug. In der Plastikfolie, die das Buch umgibt, haben es sich die Verleger nicht nehmen lassen, ein kleines Lesezeichen mit dem Merksatz Musst du lesen, einzubauen. Auch nett, zumindest aus Sicht moderner Public Relations.
Nun aber zum Buch, zum Abschluss der Göttlich-Trilogie, die sich im Vergleich zu vielen anderen Trilogien mit dieser besonderen Mischung aus historisch-realistischer (sofern man das von der Historie überhaupt sagen kann) Gestaltung hervorhebt. Der Parthenon auf der Akropolis, auf dem noch heute der Fries mit den zwölf unsterblichen Hauptgöttern der Griechen steht, wird tatsächlich von Angelini heruntergeholt. Nicht im architektonischen Sinne, sondern inhaltlich. Und dass die Heldin Helen am Ende den Göttervater Zeus besiegt, klingt zwar verrückt, passt aber und gibt der Story die richtige Verve.
Wie es der Titel schon suggeriert, steht aber die Liebe im Zentrum. Das war auch in den beiden Vorgängerbänden so, doch nun geht es ans bewegende romantische Finale. Wobei Romantik nicht wirklich das treffende Wort ist. Helen wird im Verlauf der letzten Geschichte durch ihre Erfolge im Kampf gegen die Götter nicht nur mächtiger, sondern auch eine Spur rationaler, analytischer, bisweilen sogar unsympathischer. Das führt dazu, die Entscheidung zwischen den beiden Männern an ihrer Seite – Lucas und Orion – vom Verstand her zu beurteilen, so dass auch das Ende dann ein wenig offen erscheint.
Die Autorin Josephine Angelini hat das ganz bewusst so geplant. Ich wollte ein Ende schreiben, dass dem wirklichen Leben gerecht wird. Nicht alles ist gut, nicht alles perfekt, Probleme bleiben und Lösungen müssen auch nach dem Ende gefunden werden. Ein wunderbarer Ansatz, der sich so diametral vom amerikanischen Durchsnchnittstrivialquatsch abhebt.
Sie muss ja wissen, wie es geht. Schon mit zehn Jahren schrieb sie erste Beiträge für eine Zeitschrift und ließ sich dann an einer New Yorker Akademie in angewandter Theaterwissenschaft ausbilden. Schwerpunkt, wen wundert es: die Helden der griechischen Mythologie. Doch nicht nur die werden in ihrer ersten Trilogie zu Leben erweckt. Sie bringt es auch zustande, mittelalterliche Sagengestalten wie Lancelot oder König Artus sowie das sagenumwobene Atlantis und natürlich eine Vielzahl ihrer eigenen Charaktere zusammen zu bringen. Das mag gerade für den Neueinstieger chaotisch wirken, am Ende aber fügt sich alles, na logo, in einem vorhersehbaren, aber nicht minder packenden Finale.
Fazit:
Die Autorin fängt in diesem Band langsam an und zieht dann gemächlich, aber gewissenhaft das Tempo an. Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und mitreißend, die Kombination mythologischer Sagen und erfundener Story nach wie vor genial. Kann doch nichts Schöneres (zumindest aus pädagogischer Sicht) geben, als die eigenen Hauptdarsteller mit Hades in die Unterwelt oder Paris in den trojanischen Krieg ziehen zu lassen. Dass sogar ein zweiter trojanischer Krieg aufgrund der Konstellationen in diesem Buch entstehen könnte, mag für den einen größenwahnsinnige Fantasyliteratur sein, ist in diesem Fall aber nur eine konsequente Fortführung der eigenen Macht – in dem Fall derjenigen einer sehr intelligenten, kreativen und äußerst innovativen Autorin.