Herr Lehmann

Herr Lehmann

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Frank Lehmann steht kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag und hat sich im Berlin-Kreuzberg der späten 80er Jahre eingerichtet. Gemeinsam mit Künstlern, (Über-)Lebenskünstlern und anderen mehr oder weniger skurrilen Gestalten lebt Frank in den Tag hinein, ohne sich allzu viele Gedanken zu machen. Wenn er eines nicht ausstehen kann, dann ist es die merkwürdige (Un-)Sitte, ihn mit „Herr Lehmann“ anzureden und ihn dann jedoch noch im gleichen Atemzug zu duzen.

Ansonsten hat „Herr Lehmann“ jedoch keine großen Probleme: Seit Jahren schon steht er im „Einfall“ hinter dem Tresen und verdient so seinen Lebensunterhalt. Trotzdem hat nicht nur Frank selbst, sondern auch der Zuschauer immer das unterschwellige Gefühl, dass Frank nirgendwo so richtig dazugehört. Man hat den Eindruck, dass Frank seinen Freunden intellektuell zwar überlegen ist, innerlich aber von einer Unruhe getrieben wird, die ihm selbst rätselhaft bleibt.

Und dann kündigen sich auf einmal Veränderungen an, mit denen Frank nicht so leicht fertig wird – die politischen Veränderungen im Osten Berlins kümmern ihn weniger, seine Beziehung zur hübschen Köchin Katrin und der immer näher kommende Besuch seiner Eltern aus Bremen machen Frank hingegen schon mehr zu schaffen. Die Beziehung zu Katrin gestaltet sich für Frank äußerst kompliziert, und die Aussicht auf einen Elternbesuch vereinfacht die Situation auch nicht gerade – schließlich hat Frank seinen Eltern so einige Lügen über sein Leben in Berlin aufgetischt…

Ein amüsanter Rückblick auf die (westdeutsche) Zeit vor der Wende – ein Film, der zu Unrecht nicht zum „Kultklassiker“ wurde
Leander Haußmanns Debütfilm „Sonnenallee“ – eine überdrehte und dennoch glaubwürdige Erinnerung an die DDR-Ära – erreichte binnen kürzester Zeit Kultstatus. „Herr Lehmann“, Haußmanns zweiter Film, der ebenfalls kurz vor der „Wende“ spielt, wurde hingegen nur für kurze Zeit in den deutschen Kinos gezeigt und war kommerziell nur mäßig erfolgreich.

Das ist äußerst bedauerlich, denn der Film hätte durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient. Nicht nur der brillant aufgelegte Christian Ulmen, der die Figur des Frank Lehmann aus der Romanvorlage des Films („Herr Lehmann“ von Sven Regener) brillant verkörpert, sorgt dafür, dass „Herr Lehmann“ ein hervorragender Film ist, der zugegebenermaßen weniger durch einen ausgeklügelten Handlungsverlauf als vielmehr durch sorgfältig gezeichnete und unglaublich skurrile Charaktere zu überzeugen weiß.

Leander Haußmanns „Herr Lehmann“ ist ein Film, der zwar im weitesten Sinne auch das „Ost-West-Verhältnis“ vor der Wiedervereinigung thematisiert, dabei jedoch nicht auf den „Ostalgie-Zug“ aufspringt, sondern stattdessen eine wohltuende Abwechslung zur „Komödie über die DDR“ darstellt. Für die schrägen Protagonisten in „Herr Lehmann“ ist alles außerhalb von Berlin-Kreuzberg bereits „Ausland“ und so spielen die Entwicklungen in der DDR in „Herr Lehmann“ auch nur eine Nebenrolle – und Haußmann tut gut daran, sich einmal fast ausschließlich auf die Zeichnung der einzelnen Charaktere zu konzentrieren.

„Herr Lehmann“ ist einer der wenigen Filme, der die jüngste Vergangenheit der Bundesrepublik reflektiert – dies tut der Film auf höchst ungewöhnliche und vielleicht auch nicht unbedingt massentaugliche Weise, doch wer sich einmal auf die „schrägen Gestalten“ in dem Film einlässt, wird diese Entscheidung nicht bereuen.

Fazit
Die Tatsache, dass „Herr Lehmann“ kommerziell nicht erfolgreich war, sollte keineswegs als Indikator für die Qualität des Films angesehen werden. Der Film überzeugt durch unglaublich skurrile Charaktere (Liebhaber von deutschen Filmen sei an dieser Stelle gesagt: Die Charaktere in „Herr Lehmann“ können mühelos mit „Schöngeist“ und „Frank“ (Wotan Wilke Möhring) in „Lammbock“ mithalten) und eine Rahmenhandlung, die zwar nicht sonderlich anspruchsvoll ist, aber trotzdem nicht nur als „Mittel zum Zweck“ dient. Ein gelungener deutscher Film mit einem grandios auftrumpfenden Christian Ulmen – sehenswert!

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