Pnin

Inhaltsverzeichnis
Musik

Saltatio Mortis – Finsterwacht

Musik

Daryl Hall – D

Klassik

Stephan Moccio – Legends, Myths And Lavender

Vladimir Nabokov: Pnin

Living in America

Ulrich Matthes beim Lesen zuzuhören ist ein großer Genuss. So groß, dass der eigentliche Inhalt des Hörbuches zunächst mal in den Hintergrund treten darf. Na gut, irgendeinen billigen Pseudoroman hätten wir an dieser Stelle natürlich verrissen – selbst wenn Matthes gesprochen hätte -; aber so bald ein wenig Niveau das Antlitz des Hörbuch-Formates zum Glimmern bringt, und der Schauspieler, Germanist und Linguist seine Finger – äh, seine Zunge, Lippen, also Sprachmodulation – mit im Spiel hat, ist Glücksbrächen-Tag für alle Hörerinnen und Hörer. Großes Lauschkino! Und wenn dann  ein Klassiker des großartigen Vladimir Nabokov als Komplementär herhalten darf – bitte anschnallen!

Zunächst zum Autor: Nabokov stammt aus einer richtig reichen, russischen Adelsfamilie und hat schon in jungen Jahren nicht nur vom Obolus des Luxus gekostet, sondern sich intensiv mit Kunst, Kultur und Sprachen auseinandergesetzt. Ganz nebenbei ward er auch noch ein begeisterter Schmetterlingsforscher, aber das steht wahrlich auf einem anderen Blatt. Sein weiteres Leben trieb ihn aufgrund politischer Zwänge von einem ins nächste Exil, bis er schließlich in den 1940er Jahren in die USA emigrierte, deren Staatsbürgerschaft er 1945 annahm. Und während er in der neuen Welt als Professor für Literatur und Sprachen lehrte, zauberte er ganz nebenbei ein paar unvergessene Literaturklassiker.

Besonders deutlich wird in diesem Werk die in all seinen Romanen nicht von der Hand zu weisende Parallelität von Realität und Fiktion. Denn Pnin, der trottelige, schusselige, irgendwie grundsympathische – wiewohl zwanghaft pedantische – Professor ist die Titelfigur des Mitte der 1950er Jahre erschienenen Romans und – man höre und staune – Dozent für russische Sprache an einer provinziellen Universität. Darüber hinaus ist sein Leben gekennzeichnet von den üblichen Scharmützeln des Schiksals. Verluste geliebter Menschen, Sorgen um Arbeit und Beruf, tiefe Freude, um gleich danach wieder enttäuscht zu werden.  Als Leitmotiv geht es in diesem Werk darum, den Professor bei der Assimilation der US-Kultur zu begleiten – parodiert und symbolisiert von seinem eigenen Lebensodem.

Pnin ist lustig und charmant, weil er echt ist und auf großen Klamauk verzichtet. Nabokov schafft Spannung über Sprache, Erzählstrukturen, Dialogformen, Perspektivenwechsel und hat in Ulrich Matthes einen dermaßen genialen Partner (Nabokov kennt ihn ja nicht einmal, hat ihn aber wahrscheinlich kurz vor seinem Tode intuitiv ausgewählt), dass das Vorlesen des Werkes auf sechs CDs ein auditiv großartiges wie intellektuell erheiterndes Unterfangen ist.

Fazit:

Tolle Stimme, herrliche Literaturunterhaltung, verpackt im platz- und nervenschonenden Digipack. Mit guter Taktung auf den CDs (nicht zu lange Tracks), mit adrettem Layout, mit allem, was man braucht – Hörbücher in dieser Form (Nabokov plus Matthes) sind brillant!

 

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